Wilhelm II.: Letzter Kaiser auf dem deutschen Thron

Wilhelm II. war der letzte Kaiser auf dem deutschen Thron. Bis zu seiner Abdankung im Jahr 1918 regierte der Preußenkönig, der ein Enkel der berühmten Queen Victoria von England war, insgesamt 30 Jahre. Am 27. Januar 1859 kam er im Berliner Kronprinzenpalais zur Welt.

Die Kindheit des Monarchen war alles andere als ein Zuckerschlecken. Nicht nur, dass Wilhelm unter der strengen Erziehung seines Schweizer Hauslehrers Georg Hinzpeter litt. Auch eine schwere körperliche Behinderung machte dem Jungen von klein auf zu schaffen: Der Kronprinz litt an einem verkrüppelten Arm eine Verletzung, die ihm als Baby mit einer Geburtszange zugefügt worden war.

Körperlich behindert

Da sich dieses Gebrechen nicht für einen künftigen Thronfolger schickte, wurde Wilhelm bereits als Kind mit allerlei vermeintlichen Heilmethoden traktiert. Massagen und Elektroschocks waren da noch die harmloseren Methoden. Am meisten fürchtete der Junge ein aus Schienen, Stangen und Gurten bestehendes Korsett, das die Nackenmuskulatur strecken sollte.

Doch Wilhelm erwies sich als hartnäckig und zäh. Er erlernte trotz seines Handicaps, was von einem Jungen seines Standes erwartet wurde. Ob schießen, reiten oder segeln, Tennis spielen oder rudern all das gelang ihm nach emsigem Training. Die Liebe seiner Mutter ließ sich allerdings nicht erzwingen. Sie empfand es als persönliches Versagen keinen gesunden Kronprinzen geboren zu haben und hatte Zeit ihres Lebens ein gespaltenes Verhältnis zu ihrem ältesten Sohn. Queen Victoria, seine Großmutter, liebte ihn dafür umso mehr.

Ein selbstherrlicher Monarch

Nach dem Abitur studierte Wilhelm in Bonn Rechts- und Staatswissenschaften. 1881 heiratete der Thronfolger Augusta Victoria, mit der er sieben Kinder haben sollte. Sieben Jahre später, im Alter von 29 Jahren, wurde er zum Deutschen Kaiser und König von Preußen gekrönt. Obwohl der selbstbewusste Monarch Bismarck verehrte, kam es bald zu innenpolitischen Spannungen zwischen ihm und dem Reichskanzler. 1890 zwang er ihm zum Rücktritt.

Nach Bismarcks Entlassung versuchte der Kaiser die Politik im Reich selbst zu bestimmen. Die Zeit war geprägt von der stürmischen Industrialisierung und allen damit zusammenhängenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Wilhelm II. zeigte sich anfangs auch durchaus willig sozialpolitische Reformen einzuleiten, geriet allerdings schnell in die Abhängigkeit von einflussreichen konservativen Kräften. Die Militarisierung der Gesellschaft prägte dieganze Epoche, die man später unter dem Begriff "Wilhelminismus" zusammenfasste.

Machtorientierte Außenpolitik

Wilhelms Außenpolitik bestand vor allem darin, nach außen Stärke und Weltmachtstreben zu demonstrieren. Sein Ziel war es, Deutschland - wenn nötig mit Gewalt - eine Vormachtstellung gegenüber allen anderen europäischen Staaten zu verschaffen. Seine zunächst freundschaftlichen Beziehungen zu Großbritannien und Russland verscherzte sich der Kaiser durch unkluges Taktieren. Mit seiner 1912 geäußerten Kriegsbereitschaft trug er weiter zum Wachsen der internationalen Spannungen bei, die 1914 zum Ersten Weltkrieg führten.

Während des Kriegs wurde der Kaiser vom Reichstag und der Obersten Heeresleitung zunehmend in den Hintergrund gedrängt. Die militärische und schließlich auch politische Führung übernahmen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff. Ab 1917 war Wilhelm praktisch völlig ausgeschaltet und regierte nur noch pro forma.

Nach der Abdankung ins Exil

Nach dem militärischen und politischen Zusammenbruch des Deutschen Reiches verkündete Prinz Max von Baden am 9. November 1918 eigenmächtig die Abdankung des Kaisers. Wilhelm ging ins Exil in die Niederlande und verkündete kurz darauf seinen Thronverzicht. Seine kurzfristige Hoffnung, die Nationalsozialisten würden die Monarchie wieder einführen, bestätigten sich nicht. Dennoch wurde der ehemalige Kaiser nach seinem Tod 1941 auf Weisung Hitlers mit militärischen Ehren bestattet.

Nic - 27.01.2004 / Abbildung: DHM Berlin

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