Wilhelm I.: König von Preußen und Kaiser wider Willen

Wilhelm I. war zu Lebzeiten ein populärer Monarch. Er regierte nicht nur als König von Preußen, sondern wurde am 18. Januar 1871 auch zum ersten Kaiser des neu gegründeten Deutschen Reiches ausgerufen. Viele Menschen verehrten ihn zutiefst und waren stolz, dass Deutschland jetzt auch einen so bedeutenden Herrscher hatte. Zu seinen Ehren wurden damals viele protzige Denkmäler errichtet, die zum Teil noch heute bestehen.


Wilhelm wurde am 22. März 1797 als zweiter Sohn von Wilhelm III. von Preußen und seiner Frau Luise von Mecklenburg-Strelitz in Berlin geboren.

Zu Zeiten seiner Geburt herrschten noch absolutistische Verhältnisse, d.h. es lag noch alle Staatsgewalt in den Händen des Königs. Doch zunächst schaute es gar nicht so aus, als ob Wilhelm einmal die Macht übernehmen würde. Schließlich hatte er einen älteren Bruder, der in der Thronfolge vor ihm stand.

Wilhelm sammelte deshalb erste Erfahrungen auf dem Schlachtfeld und nahm 1814/15 an den Befreiungskriegen gegen Napoleon teil.

Vernunftehe

Als der junge Adelige ins heiratsfähige Alter kam, begannen sich seine Eltern nach einer geeigneten Partie für ihren Sprössling umzuschauen. Obwohl sich Wilhelm I. unsterblich in eine Prinzessin aus Litauen verliebt hatte, kam die Ehe nicht zustande. Die Verbindung hätte die Erbfolge innerhalb der Dynastie ins Wanken gebracht, weshalb Wilhelm zu seinem Kummer verzichten musste. Auf Drängen des Vaters heiratete er Prinzessin Augusta von Sachsen-Weimar.

Zum Nachfolger bestimmt

1840 wurde schließlich Wilhelms älterer Bruder Friedrich Wilhelm IV. preußischer König. Da er zu diesem Zeitpunkt kinderlos war, wurde Wilhelm zum Nachfolger nach dessen Tod bestimmt. Er erhielt deshalb den Titel Prinz von Preußen und wurde bald zum General der Infanterie befördert.

Kardätschenprinz

Erstes öffentliches Aufsehen erregte Wilhelm, als er die Märzrevolution 1848 mit seinem Truppen gewaltsam niederschlagen ließ. Obwohl er später selbst eine liberale Grundhaltung an den Tag legen sollte, wollte er die Forderung der Menschen für Mehr Freiheit und Demokratie damals nicht akzeptieren. Gegen den Protest der Menschen in Berlin erstürmte er die Stadt mit Kanonen, was ihm später den Beinamen Kardätschenprinz (damals: Kardätsche = Kanone) einbringen sollte.

Augusta mischt sich ein

1858 übernahm Wilhelm vertretungsweise die Regentschaft für seinen geistig erkrankten Bruder. In den folgenden Jahren begann sich der Monarch immer mehr von seinen konservativen Ansichten zu lösen und sich liberalen Ideen zu öffnen.

Man nennt diese Epoche in der Geschichtsschreibung auch Neue Ära. Einen großen Anteil an diesem Sinneswandel hatte seine Frau Augusta, die selbst in einem recht freigeistigen Umfeld aufgewachsen war und sich für Politik und die Staatsgeschäfte interessierte. Man sagt, dass sie ihrem Mann intellektuell deutlich überlegen war.

Wilhelm wird König

Nach dem Tod von Friedrich Wilhelm IV. wurde Wilhelm I. 1861 zum preußischen König gekrönt. Inzwischen, genauer gesagt seit 1850, war Preußen eine konstitutionelle Monarchie, allerdings mit sehr ausgeprägten Rechten der Krone.

Der König bildete die Exekutive und übte diese durch die ihm untergebenen Minister - besonders seinen Ministerpräsidenten Bismarck - aus. Er war aber auch zusammen mit dem Landtag Legislativorgan und damit für die Gesetzgebung zuständig. Vor allem war der König Oberbefehlshaber der Armee.

Kaiserproklamation


Zur Kaiserkrönung kam es knapp zehn Jahre. Das deutsche Militär hatte sich in der Entscheidungsschlacht von Sedan endgültig gegen die Franzosen durchgesetzt.

Im Spiegelsaal des Versailler Schlosses bei Paris wurde am 18. Januar 1871 der feierliche Akt vollzogen. Im März des selben Jahres fanden die ersten Wahlen zum Deutschen Reichstag statt, im April trat die Verfassung in Kraft.

Im Schatten Bismarcks

Wilhelm selbst war über die Entwicklung nicht allzu glücklich. Ihm war das Amt des preußischen Königs wichtiger als das des Kaisers. Er gab allerdings dem Drängen Bismarcks inzwischen Reichskanzler - nach, dem er künftig ohnehin freie Hand darin ließ, die Politik des Deutschen Reiches zu gestalten.

Auf sein Konto geht unter anderem das Sozialistengesetz von 1878, das der Arbeiterschaft jeglichen politischen Einfluss nahm. Vorausgegangen waren zwei gescheiterte Attentate auf den Kaiser, die den Sozialisten in die Schuhe geschoben wurden, obwohl sie nie nachgewiesen werden konnten.

Positive Entwicklungen waren das Verbot von Kinderarbeit in Preußen sowie erste Bestrebungen werdende Mütter im Berufsleben zu schützen.

Widerstand zwecklos

Wilhelm I. hatte es nach vielen Diskussionen aufgegeben, sich gegen Bismarck durchsetzen zu wollen. Er kümmerte sich mehr ums Repräsentieren und verlegte sich darauf, die Monarchie im Inneren zu stärken indem er die Einzelstaaten innerhalb des Reiches zu integrieren half. Innerhalb des Bundes war er äußerst beliebt und genoss auch beim Volk große Anerkennung.

Der Kaiser starb am 9. März 1888 in Berlin. Nachfolger wurde sein Sohn Friedrich III., der nur 99 Tage im Amt war und an einer Krebserkrankung starb. Nachfolger war Wilhelm II. Deshalb ging 1888 als das Dreikaiserjahr in die Geschichte ein.


Mehr über die Deutsche Geschichte erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 126 Deutschland. 


Nic 17.1.2006, akt. rr 12. 3. 2012 / Bilder: public domain

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