Die Preußische Rechtsauffassung

Die deutsche Geschichte wäre ohne Preußen sicher anders verlaufen ob besser oder schlechter, darüber streiten sich die Historiker bis heute.

Preußen bedeutete Militarismus und Bürokratie, aber auch Reformstreben, Liberalismus und Religionsfreiheit.
Sprichwörtlich sind die so genannten preußischen Tugenden wie Disziplin, Ordnungssinn, Zuverlässigkeit, um nur einige zu nennen.

Während in Frankreich erst am 26. August 1789 mit der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte die Demokratie und Freiheit begründet wurde, bedurfte es im Königreich Preußen keiner blutigen Revolution, um die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz durchzusetzen. Mit Friedrich II. (auch als "Friedrich der Große" bezeichnet), wurde das Land von einem klugen und fortschrittlichen Monarchen regiert, der wie kein anderer den Geist des Preußischen Rechtsstaates verkörperte. Er machte Preußen zu einem Zentrum der deutschen Aufklärung.

Mittelalterliches Ständesystem

In Europa herrschte vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit eine Ständegesellschaft vor. Sie galt den Menschen als feste gottgegebene Ordnung, in der jeder seinen unveränderlichen Platz habe. Zu den ersten beiden Ständen gehörten die Geistlichen und der Adel. Stadtbürger und freie Bauern gehörten dem dritten Stand an. Unterhalb dieser Stände gab es weitere Gruppierungen der halb- und unfreien Bauern, des Haus-, Hof-, Klostergesindes, die unehrlichen Berufe (z. B. die Müller), das Fahrende Volk, Verarmte, Entlaufene, abgedankte Söldner und Räuber, sowie Angehörige von Minderheiten, wie Juden, Roma und Sinti.

In seinen Stand wurde man hinein geboren. Ehelosigkeit und mangelnde direkte Erbfolge öffneten den ersten Stand der Geistlichkeit zwar stark für Angehörige des zweiten, in beschränktem Umfang auch für Andere. Ein Aufstieg in den zweiten Stand (des Adels) war in der Regel aber nicht möglich. Reichtum oder ein hohes Einkommen hatten nur wenig Einfluss darauf, welchem Stand jemand angehörte. Ein reicher Kaufmann konnte zum Beispiel wesentlich wohlhabender sein als ein armer Adeliger. Das ständische System war ein sehr statisches Gesellschaftsmodell. Vor Gericht konnte sich jemand aus dem dritten Stand oder darunter stehendes kaum gegen die ersten beiden Stände durchsetzen: Geistlichkeit und Adel bekamen immer Recht.

Vorgeschichte

Das ehemalige Herzogtum Preußen entstand am 8. April 1525. An diesem Tag schlossen König Sigismund I. von Polen und der Hochmeister des Deutschen Ordens, Albrecht der Ältere, Markgraf von Brandenburg-Ansbach den Krakauer Vertrag. Darin wurde die Umwandlung des Ordensstaates in ein weltliches Herzogtum unter polnischer Lehnshoheit vereinbart.

1618 fiel es an die brandenburgische Linie der Hohenzollern, die bis 1660 die Souveränität (Hoheit) in Preußen erlangen konnten. Dazwischen lag der Amtsantritt des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm im Jahre 1642.

Aufstieg zur Großmacht

Von 1701 1772 nannten sich die preußischen Herrscher König in Preußen. Erst ab 1772 bezeichneten sie sich als König von Preußen. Die kostspielige Prunkentfaltung im preußischen Barock brachte das Land an den Rand des finanziellen Ruins.

Friedrich I. pflegte vor allem Kunst und Wissenschaft. In seine Zeit fiel die Gründung der Universität Halle und der Kurfürstlich-Brandenburgischen Societät der Wissenschaften, die spätere Preußische Akademie der Wissenschaften.

Friedrich Wilhelm I. (1713-40) schuf die Grundlagen des preußischen Militär- und Verwaltungsstaates. Der so genannte Soldatenkönig machte den Offiziersstand zum 1. Stand im Staat. Die Bürger stellten das neue Beamtentum. Das uneigennützige Pflichtbewusstsein des Beamten und die herrschende Rolle des Militärischen wurde ein Kennzeichen des Staates. Dank Friedrich Wilhelm I. hatte Preußen die Voraussetzungen um zur europäischen Großmacht aufzusteigen.

Friedrich II., der Große (1740-86) fiel bereits fünf Monate nach seinem Regierungsantritt in Schlesien ein. In den drei Schlesischen Kriegen eroberte er diese reiche österreichische Provinz und machte Preußen zu einer europäischen Großmacht. In seine Regierungszeit fiel die erste polnische Teilung. So vergrößerte er das preußische Staatsgebiet um fast zwei Drittel. Selbst im Frieden hatte sein Heer noch eine Stärke von 188.000 Mann.

Mit seiner Justizreform legte Friedrich II. im Jahr 1746 den Grundstein für einen Rechts- und Verfassungsstaat. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit wurde verankert und Justiz und Verwaltung strikt getrennt. Die Tafelrunde von Sanssouci und Friedrichs Freundschaft mit Voltaire machten Preußen zu einem Zentrum der deutschen Aufklärung.

Zusammenbruch und Wiederaufstieg

Friedrich Wilhelm II. (1786-97) leitete eine Neuorientierung in der Politik ein. So näherte er sich Österreich an, bis die Gebietserweiterungen der 2. und 3. polnischen Teilung neue Gegensätze aufwarfen. Er förderte Kunst und Wissenschaft, brachte das Land aber auch in eine tiefe Verschuldung.

Friedrich Wilhelm III. (1797-1840) konnte Preußen bis 1806 auf Napoleons Seite erheblich vergrößern. 1806 trat er in den Krieg gegen Napoleon ein und unterlag im 4. Koalitionskrieg. Im Frieden von Tilsit (1807) verlor Preußen die Hälfte des Staatsgebietes, das Land wurde von französischen Truppen besetzt.

Erst nach den Schlachten von Leipzig (1813) und Waterloo (1815) erlangte Preußen auf dem Wiener Kongress seine Großmachtstellung zurück und konnte sein Staatsgebiet wieder vergrößern.

Friedrich Wilhelm IV. (1840-61) ließ eine Verfassung ausarbeiten, die bis 1918 gültig blieb. Diese beinhaltete eine konstitutionelle Monarchie, verantwortliche Ministerien und ein Dreiklassenwahlrecht. Die Legislative teilten sich König und Landtag. Auf wirtschaftlichem Gebiet bereitete er die deutsche Einigung unter preußischer Führung vor. Die Frankfurter Nationalversammlung trug ihm die deutsche Kaiserkrone an, doch er lehnte 1849 ab. Eine schwere Erkrankung machte ihn 1858 regierungsunfähig.

Vom König zum Kaiser

Wilhelm I. (1861-88) übernahm schon 1858 die Regierungsgeschäfte seines erkrankten Bruders. Er schlug eine gemäßigte, liberale Politik ein. Nach der Thronbesteigung geriet er mit der liberalen Landtagsmehrheit über die Heeresreform in Konflikt. Nach der Berufung Otto von Bismarcks zum Preußischen Ministerpräsidenten trat Wilhelm I. hinter die eigenständige Politik seines Kanzlers zurück.

Am 18. Januar 1871 wurde er in Versailles zum Deutschen Kaiser ausgerufen, willigte aber erst nach Zustimmung aller Bundesfürsten ein. Da er überall große Achtung genoss, gelang es ihm, die Einheit des Reiches zu festigen.

Nach Sebastian Haffner bestand Preußen exakt 170 Jahre. In seinem Buch Preußen ohne Legende vertritt er die These, dass das wahre Preußen am 18. Januar 1871 unterging, als im Spiegelsaal von Versailles das Deutsche Reich unter König Wilhelm I. als Kaiser Wilhelm I. ausgerufen wurde. Mit der Reichsgründung ging die preußische Geschichte in die deutsche über.

Die Geschichte Preußens als Staat endet mit seiner endgültigen Auflösung durch die siegreichen Alliierten am 25. Februar 1947 (Gesetz Nr. 46 des Alliierten Kontrollrats).




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Text: RR, Stand: 10. 9. 2009, Gemälde von Anton Graff, 1781

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