Der Großmogul von Indien

Am 31. Juli 1658 bestieg Aurangzeb den Thron des Mogulreichs. Nach Zeiten des Friedens durch seinen Vater und seinen Großvater setzte er auf militärische Expansion und leitete den schleichenden Niedergang im politischen Gefüge Indiens ein. Auf dem Höhepunkt seiner Macht umfasste das Mogulreich fast den gesamten Subkontinent und Teile des heutigen Afghanistans.

Wer das heutige Indien sieht, kann sich kaum noch vorstellen, dass es vor rund 150 Jahren noch ein islamischer Staat gewesen ist. Das Mogulreich existierte von 1526 bis 1858. Das Kernland des Reiches lag im Norden, in der Indus-Ganges-Ebene um die Städte Delhi, Agra und Lahore. Staatssprache war Persisch. Die Herrscher wurden als Mogul, Großmogul oder Mogulkaiser tituliert. Der Name Mogul als Bezeichnung für die Herrscher Nordindiens leitet sich aus dm Persischen ab und bedeutet Mongole. Im Rang steht der Mogul über dem König und entspricht dem eines Kaisers.

Eroberungen und Rückschläge

Babur (persisch Biber) war der erste Großmogul. Er regierte nur vier Jahre, von 1526 bis 1530. Ursprünglich kam er aus Zentralasien und eroberte ausgehend vom Gebiet der heutigen Staaten Usbekistan und Afghanistan das Sultanat von Delhi. Baburs Sohn Humayun erbte 1530 ein innerlich wenig gefestigtes Reich, das vom Hindukusch bis Bihar reichte. Seine Regierungszeit war durch Rückschläge geprägt, welche dem Kaiser zeitweilig die Kontrolle über sein Reich entzogen und die Herrschaft der Moguln in Indien nach nicht einmal 15 Jahren beinahe beendet hätten.

Geburt eines Märchenlandes

Als bedeutendster Mogulherrscher gilt Humayuns Sohn Akbar. In den 49 Jahren seiner Regierung (von 1556 bis 1605) festigte er das Reich in jeder Hinsicht. Mittels zahlreicher Feldzüge und politischer Heiraten vergrößerte Akbar das Reich beträchtlich. Eine der wichtigsten Grundlagen war die religiöse Toleranz gegenüber der hinduistischen Bevölkerungsmehrheit des Reiches. So traten unter Akbar mehr Hindus in den Staatsdienst ein als je zuvor, und Sondersteuern für Nicht-Muslime wurden abgeschafft. Akbars zentralisiertes Verwaltungssystem machte das Mogulreich zu einem der modernsten Staatswesen der frühen Neuzeit. Kein früheres Reich der indischen Geschichte konnte ein so großes Gebiet dauerhaft und effektiv verwalten.


1605 bestieg Akbars ältester Sohn Selim unter dem Namen Jahangir (persisch Eroberer der Welt) den Thron. Unter ihm erlebte das Mogulreich eine Phase relativen Friedens, die zu seiner weiteren Festigung beitrug.


Nach Jahangirs Tod 1627 eroberte Shah Jahan den Thron, indem er alle weiteren Thronprätendenten ermorden ließ. Er gilt als glanzvollster Mogulherrscher. Unter seiner Herrschaft erreichte die Hofhaltung den Höhepunkt ihrer Prachtentfaltung, und die Architektur im indisch-islamischen Mischstil gelangtezu höchster Blüte. Das bekannteste Mogulbauwerk, das Taj Mahal in Agra, entstand als Grabmal für Shah Jahans Frau Mumtaz Mahal, ebenso eine Vielzahl weiterer herausragender Baudenkmäler. Die letzten Jahre seiner Herrschaft waren von der Rivalität zwischen Shah Jahans Söhnen Aurangzeb und Dara Shikoh um die Thronfolge geprägt. Später nahm Aurangzeb seinen Vater gefangen, der 1666 im Gefängnis starb. Nachdem Aurangzeb auch seinen Bruder Murad hatte festsetzen lassen, rief er sich noch im selben Jahr zum Kaiser aus.

Aurangzeb, der religiöse Fanatiker

Als Herrschaftslegitimation diente Aurangzeb der Islam, dessen Gesetze er im Gegensatz zu seinen Vorgängern streng auf das Reich anwandte. Seine Politik der religiösen Intoleranz schädigte die Symbiose von muslimischer Elite und hinduistischen Untertanen, die seine Vorgänger gefördert hatten. So führte er die Kopfsteuer für Nichtmuslime wieder ein, die Akbar 1564 abgeschafft hatte, und verbot den Neubaus von Hindu-Tempeln und Gotteshäusern anderer Glaubensgemeinschaften. Im ganzen Land wurden zahlreiche kurz zuvor erbaute Tempel zerstört.

Seine ständigen Kriege erschütterten das wirtschaftliche Fundament des Mogulreiches.  Bereits das letzte Drittel seiner Herrschaft war vom Kampf gegen den drohenden Reichsverfall bestimmt.

Niedergang und Ende

Im Laufe des 18. Jahrhunderts sank sank das Mogulreich zu einer untergeordneten Macht im politischen Gefüge Indiens herab. 1858 wurde der letzte Großmogul von den Briten abgesetzt, sein Territorium ging in Britisch-Indien auf. Der Nachwelt erhalten geblieben sind reiche Zeugnisse einer von persischen und indischen Künstlern geprägten Architektur, Malerei und Dichtung.

RR, Stand 28. 7. 2008, Bilder: Wikipedia, GNU

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