1844: Der Weberaufstand in Schlesien

Zwischen dem 4. und 6. Juni kam es in Schlesien zum Aufstand der Baumwollweber. Sie demonstrierten damit gegen ihre katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen, bis der Protest am dritten Tag vom preußischen Militär blutig niedergeschlagen wurde. Da sich Künstler und Literaten immer wieder mit diesem Ereignis auseinander setzten, ist der Weberaufstand bis heute ein Begriff. Wir möchten euch die historischen Hintergründe erklären.

Das Leben der schlesischen Baumwollweber Mitte des 19. Jahrhunderts war erbärmlich. Der wöchentliche Verdienst eines Webers (10 bis 20 Silbergroschen) war der reinste Hungerlohn. Deshalb musste die ganze Familie mit anpacken, Kinder inklusive. Frauen, Mädchen und Jungen wurden zu schwersten körperlichen Arbeiten gezwungen, die sie von ihren physischen Voraussetzungen her nicht leisten konnten. Nicht selten brach ein Arbeiter nach einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 14 Stunden erschöpft am Webstuhl zusammen.

Kluft zwischen Arm und Reich

Da die Weber in Heimarbeit fertigten, mussten sie oft tagelange Reisen in Kauf nehmen, um die produzierte Ware bei ihrem Arbeitgeber abzuliefern. Dass waren reiche Fabrikbesitzer, die sich am Elend ihrer Arbeiter bereicherten.

Konkurrenz aus England

In den Jahren vor 1844 spitzte sich die Lage für die Weber weiter zu. England hatte es durch technische Innovationen geschafft, die Produktionskosten zu senken und Baumwollstoff dadurch erheblich günstiger zu produzieren. Die britische Konkurrenz drückte also das Lohnniveau der schlesischen Weber. Diese kritische Situation wurde noch verschärft, als Missernten in Schlesien zu einem erheblichen Preisanstieg von Lebensmitteln führten.

3.000 Demonstranten

Not und Hunger waren schließlich die Ursache dafür, dass 3.000 Weber aus Peterswaldau, Kaschbach und Langenbielau am 4. Juni 1844 die Arbeit niederlegten und auf die Straße gingen. Sie forderten mehr Lohn, bessere Arbeitsbedingungen. Doch ihre Wünsche stießen bei den schlesischen Fabrikbesitzer auf taube Ohren.

Blutiges Ende

Daraufhin wussten sich die Weber nur noch gewaltsam zu wehren. Sie vertrieben ihre reichen Arbeitgeber samt Familien, zerstörten ihre Häuser, Maschinen und alles, was ihnen in die Hände fiel. Bis 6. Juni schienen sie die Oberhand zu behalten. Doch dann rückte das preußische Militär ein und beendete den Aufstand blutig. Auf Seite der Weber waren 11 Tote und 24 Schwerverletzte zu beklagen.

Sammlungen für die Weber

Die schlimme Lage der Weber änderte sich auch nach den Ereignissen von 1844 nicht wesentlich. Da ihr Elend aufgrund von Zeitungsberichten aber inzwischen in ganz Deutschland bekannt geworden war, hatten viele Menschen Mitleid. Sie sammelten Kleider und Lebensmittel für die hungernden und frierenden Menschen.

Die Weber in der Literatur

Der Weberaufstand war die erste große proletarische Erhebung in Deutschland. Durch die Darstellungen in Kunst und Literatur ist das Ereignis im Gedächtnis der Menschen geblieben. Bekannt ist besonders das Drama Die Weber von Gerhart Hauptmann, dessen Großvater selbst als Weber gearbeitet hatte sowie das unten abgedruckte Gedicht von Heinrich Heine.

Heinrich Heine
Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschiessen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wir nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!

Nic - 03.06.2003 / Buchcover: Hans Schwab-Felisch: Gerhrt Hauptmann "Die Weber" - Dichtung und Wirklichkeit, Ullstein Verlag

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