1805: Beginn des Industriezeitalters

Der von Joseph-Marie Jacquard erfundene automatische Webstuhl läutete die industrielle Revolution ein. Die Webmaschine arbeitete bereits nach dem Lochkarten-Prinzip. Doch in der Folge verloren viele Weber ihre Arbeitsplätze.


Joseph-Marie Jacquard wurde 1752 in Lyon geboren.. Sein Vater besaß eine Werkstatt mit mehreren Webstühlen. Das Ziehen der Musterfäden war damals eine selbstverständliche Kinderarbeit.

Der junge Jacquard hasste die schwere Arbeit in der Weberei und erlernte das Buchbinder-Handwerk. Als er zwanzig Jahre alt war, starben seine Eltern, und vererbten ihm die ungeliebte Webwerkstatt. So beschäftigte er sich damit, die Musterwebtechnik zu mechanisieren.


Die Skizze zeigt das Prinzip der Zugweberei zur manuellen Herstellung komplizierter Webmuster.

Das obige Bild von Joseph-Marie Jacquard wurde nach einem Kupferportrait mit Hilfe seiner Maschine gewebt.

Ein verwirklicher Kindheitstraum

Nach den Wirren der Französischen Revolution wurde Jacquard 1804 auf Napoleons Geheiß ans "Conservatoire des arts et métiers" berufen, um mechanische Erfindungen zu machen. Ein Jahr später hatte er seinen Webstuhl entwickelt. Es war ihm gelungen, das Endlosprinzip der Lochkartensteuerung mechanisch an den Platz der Nockenwalze zu setzen.

Die Webmaschine arbeitete mit verschiedenen Papprollen, in welche die Gewebemuster nach dem Lochkarten-Prinzip hinein gestanzt wurden. Durch Betätigen der Pedale konnten die Rollen problemlos gewechselt werden. Jacquard hatte seinen Kindheitstraum erfüllt und die Funktion des "Ziehjungens" wegrationalisiert. Zugleich war es fortan möglich, die kompliziertesten Stoffmuster mechanisch herzustellen.

Nachhaltige Folgen

Die Jacquardmaschine war ein Frühbote der industriellen Revolution. Nachdem nun im Textilgewerbe mit weniger Arbeitsaufwand mehr und billiger produziert werden konnte, verloren viele Weber ihre Arbeitsplätze. Es folgten gewalttätige Auseinandersetzungen und Demonstrationen u.a. den Aufstand der Schlesischen Weber im Juni 1844, bei dem 3000 Weber in Peterswaldau und Langenbielau Webstühle und Akten zerstörten. Jacquard erlebte viele dieser Aufstände mit. Er starb 1834.

Bild: Dieser Webstuhl von Joseph-Marie Jacquard steht im Deutschen Museum in München.

Mit der Automatisierung veränderten sich auch die Produkte. Individuelle kunsthandwerkliche Gestaltung wurde durch technisch perfekte Muster, aber meist auch durch reine Massenware ersetzt. Die Jacquardmaschine war auch ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zum Computer, der im Zwanzigsten Jahrhundert eine neue industrielle Revolution eingeleitet hat.

Jacquard hatte die Lochkartentechnik bis zur Programmsteuerungsreife perfektioniert. Damit ist er ein wichtiger Vorläufer von Hollerith und anderen Pionieren der Datenverarbeitung.

Auf der Seite des Deutschen Museums in München findest du weitere Informationen zum automatische Webstuhl.

Text: RR, 18. 4. 2005, Bilder: Deutsches Museum München

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt