Advents-Gewinnspiel: Krone gegen Kirche - Der Gang nach Canossa

Sicher habt ihr schon einmal vom "Gang nach Canossa" gehört. Heute wird dieser Ausdruck im übertragenen Sinne für einen erniedrigenden Bittgang verwendet. In diesem Zusammenhang wurde er von Reichskanzler Bismarck 1872 gebraucht, als er nach einem Streit mit der katholischen Kirche den Satz im Reichstag fallen ließ: "Seien sie außer Sorge, nach Canossa gehen wir nicht (...)".

Der Gang nach Canossa hat im 11. Jahrhundert tatsächlich stattgefunden. König Heinrich IV. wanderte mit seinem Gefolge über Frankreich nach Italien, um sich aus eigener Kraft vom Kirchenbann zu befreien, den Papst Gregor VII. gegen ihn ausgesprochen hatte. Durch seine Buße stellte er seine Ehre als Christ wieder her und rettete Krone und Königreich.

Das 11. und 12. Jahrhundert waren von schweren Auseinandersetzungen zwischen Krone und Kirche geprägt. König Heinrich IV. und Papst Gregor stritten besonders heftig über die Vorherrschaft in Kirchenfragen.  

Konkret ging es um die Frage, ob nur das Oberhaupt der katholischen Kirche oder auch Könige Bischöfe einsetzen dürfen. Der Papst beanspruchte dieses Recht allein für sich, während Heinrich gegen diesen Zustand aufbegehrte. In der Geschichtswissenschaft nennt man diese Diskussion Investiturstreit.


Der Streit spitzt sich zu

Die Diskussion erreichte ihren ersten Höhepunkt, als die Kirchenführung 1075 damit drohte, Heinrich mit dem Kirchenbann zu belegen, wenn er weiter Bistümer verleihe. Doch Heinrich ließ sich von der Drohung nicht beirren - im Gegenteil. Auf Betreiben des jungen Königs erklärten die empörten deutschen Bischöfe daraufhin Papst Gregor VII. für abgesetzt.

 König Heinrich IV.



Heinrich wird aus der Kirche verbannt

Daraufhin machte wiederum der Papst ernst. Am 14. Februar 1076 sprach er in einem Gebet an den Apostel Paulus den Kirchenbann gegen seinen aufbegehrenden weltlichen Kontrahenten aus. Dem Bann folgte die Exkommunikation, also die Ausgliederung Heinrichs aus der Kirche.

Das kam für einen mittelalterlichen Menschen, gerade für einen König, einer Katastrophe gleich. Er verlor damit nicht nur seine Privilegien als gläubiger Mensch, sondern auch die eines Herrschers.


Was bedeutet Exkommunikation?

Unter dem Kirchenbann gehörte König Heinrich ab sofort nicht mehr der kirchlichen Gemeinschaft an und hatte demnach auch keinen Anspruch mehr auf kirchliche Sakramente wie die letzte Ölung oder das kirchliche Begräbnis auf einem Friedhof. Seine Hoffnung auf ein ewiges Leben und eine Auferstehung nach dem Tode hatte er damit eingebüßt.

Papst Gregor VII.


Gleichzeitig bedeutete das Ausstoßen eines Menschen aus der römisch-katholischen Kirche im Mittelalter, dass alle persönlichen und rechtlichen Bindungen des Gebannten und seiner Untergebenen gelöst werden. Heinrich war damit vogelfrei. Vasallen und Untergebene, die für den König zuvor gearbeitet hatten, hätten ihn jederzeit gefangen nehmen und töten können.

Von Speyer nach Canossa

Heinrich blieb keine Alternative: Ein militärisches Vorgehen hätte ihm politisch nichts genützt, zumal er nicht genügend Verbündete hatte. Um die Aufhebung des Bannes zu erreichen, zog Heinrich deshalb mit seinem Gefolge, einschließlich Gemahlin und dem kleinen Sohn Konrad, von Speyer nach Italien. Dort traf er in Canossa auf das kirchliche Oberhaupt.

Vom 25. bis 27. Januar 1077 harrte er im Büßerhemd vor den Toren der Burg aus bis der Papst auf Vermittlung der Burgherrin und des ebenfalls anwesenden Patenonkels von Heinrich den Bann auflöste.


Geschickter Schachzug

Die Buße war ein formal streng vorgeschriebener Akt, den Heinrich ausführte und die der Papst nicht ablehnen konnte. Ein demütiger Büßer war Heinrich deshalb noch lange nicht. Vielmehr sieht die moderne Geschichtsschreibung im Gang nach Canossa einen geschickten diplomatischen Schachzug.

Der Thron Heinrichs IV.




Der König hatte damit nicht nur seine Ehre als Christ wieder hergestellt, sondern auch neue Handlungsfreiheit erlangt und die des Papstes im Gegenzug eingeschränkt. Heinrich sollte Gregor sogar später aus Rom vertreiben und unter einem anderen Papst zum Kaiser werden.

Ende des Investiturstreits

Langfristig schwächte der Gang nach Canossa jedoch die Stellung des Königtums. Die öffentlichkeitswirksame Aktion hatte Papst Gregor nur darin bestärkt, dass es allein einem Papst gebührt das Richteramt über die weltlichen Fürsten auszuführen. Der Investiturstreit, der Ausgangspunkt der Auseinandersetzungen, war mit dem Gang nach Canossa noch nicht abgeschlossen, sondern ging erst 1122 zu Ende.

Fast 50 Jahre nach Beginn des Investiturstreits verzichtete König Heinrich V. im sogenanntenWormser Konkordat auf die Bischofsinvestitur. Papst Clemens III. musste sich im Gegenzug einverstanden erklären, dass der König oder einer seiner Berater bei Bischofswahlen anwesend ist und seinen Einfluss ausüben kann.

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Nic 14.2.2005 / Fotos: Papst Gregor VII., König Heinrich IV., beide Wikipedia, public domain; Lehnen des Throns von Heinrich IV., Pressebild Museum in der Kaiserpfalz Goslar

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