Kurz nach dem Krieg Kardinal erlaubt Kohlenklau

Der Winter 1946 47 war streng, die Bevölkerung im Nachkriegsdeutschland litt Not. Da gestattete es Erzbischof Joseph Frings in seiner Silvesterpredigt in Köln den Gläubigen Heiz- und Nahrungsmittel für den eigenen Bedarf zu stehlen. Auch in anderen Situationen handelte Frings sehr praktisch und unkonventionell.

Für das Leben - gegen sinnlose Gesetze

Foto: Frings-Skulptur in Köln.

Noch heute spricht man in Köln von fringsen, wenn man Mundraub meint, also Diebstahl um die eigene Not zu lindern. Joseph Frings, der Erzbischof von Köln war 1946 Kardinal geworden, war also ein ranghoher Vertreter der katholischen Kirche.

Trotzdem schwebte er nicht etwa in höheren Sphären, sondern sah die Not der Menschen und tat etwas Außergewöhnliches: Er erlaubte es den Menschen, sich das zu nehmen, was sie zum Leben benötigten. Gleichzeitig wies er jedoch darauf hin, dass nicht zu weit gegangen werden dürfe. Hier seine Worte:

Wir leben in Zeiten, da in der Not auch der einzelne das wird nehmen dürfen, was er zur Erhaltung seines Lebens und seiner Gesundheit notwendig hat, wenn er es auf andere Weise, durch seine Arbeit oder durch Bitten, nicht erlangen kann. Aber ich glaube, dass in vielen Fällen weit darüber hinausgegangen worden ist. Und da gibt es nur einen Weg: unverzüglich unrechtes Gut zurückgeben, sonst gibt es keine Verzeihung bei Gott.

Klar und deutlich gegen Judenverfolgung

Foto: Kardinal-Frings-Denkmal in Neuss.

Schon früher sprach Frings seine Meinung offen aus zu einer Zeit, als das sehr gefährlich werden konnte. 1942 wurde er zum Erzbischof berufen. Er scheute sich nicht, die Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten als himmelschreiendes Unrecht anzuprangern. Nur weil Frings so beliebt war, konnten ihm die Nazis nichts anhaben.

Politisch gegen den Willen des Vatikans

Obwohl der Vatikan von seinen Geistlichen verlangte, dass sie keiner politischen Partei beitreten sollten, wurde Frings 1946 Mitglied der CDU. Das war eine doppelte Provokation gegenüber seiner Kirche, denn die CDU war eine überkonfessionelle Partei. Politisch engagierte Katholiken waren damals in der Zentrums-Partei organisiert. Frings Verhalten trug dazu bei, dass die katholische Zentrumspartei in der Folge immer mehr an Bedeutung verlor.

Zusammenhelfen gegen Armut und Not


1958 gründete Frings das katholische Hilfswerk Misereor (lat: ich habe Erbarmen). Bei seinen Fastenaktionen sammelt Misereor jedes Jahr Geld für Projekte in ärmeren Ländern. 2007 lautet das Motto Entdecke, was zählt (siehe Plakat links). Dabei geht es besonders darum, das Recht auf Bildung zu verwirklichen.

Außerdem regte Frings 1961 die Gründung des Lateinamerika-Hilfswerkes Adveniat an. In der Weihnachtszeit wird im Rahmen von Adveniat Geld für notleidende Menschen in Südamerika und in der Karibik gesammelt.

Plakat rechts: Mit der Kampagne "Geiz ist gottlos" setzt Adveniat einen Gegenakzent zur "Geiz ist geil" - Mentalität und ruft dazu auf, Armen zu helfen.

1967 wurde Frings als einziger Erzbischof zum Kölner Ehrenbürger ernannt. Auch seine Geburtsstadt Neuss gewährte ihm im selben Jahr diese Ehre. Heute gibt es in Köln eine Kardinal-Frings-Straße sowie seit Juni 2006 auch eine Joseph-Kardinal-Frings-Brücke. 

Mehr über die katholischen Hilfwerke erfahrt ihr hier:

http://www.misereor.de/

http://www.adveniat.de/

 

Text: lm 29.12.06, Fotos: GFDL, Plakate der Hilfsorganisationen von www.misereor.de bzw. www.adveniat.de.

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