Der Bubikopf: Emanzipation auf ganzer Linie

Kurze Haare bei Frauen? Das galt bis Anfang des 20. Jahrhunderts als verpönt. Erst in den 20er Jahren setzte sich in den Metropolen Paris und Berlin ein nie mehr endender Trend durch: Der Bubikopf. Und mit der frechen Frisur eroberte ein neuer, moderner Frauentyp die Straßen.



Kurz, lang, lockig, mit Pony oder Scheitel - wie Frauen ihr Haar heute tragen, bestimmen sie ganz allein. Früher gab es in Bezug auf die Haarlänge gesellschaftliche Regeln. Langes, seidiges Haar galt als Inbegriff der Weiblichkeit. Es kurz zu schneiden wie ein Mann und sich dadurch mit ihm auf eine Stufe zu stellen, wäre nicht geduldet worden.

Neuer Trend durch Schauspielerin Asta Nielsen

Doch das Bild der Frau begann sich nach dem Ersten Weltkrieg immer mehr zu wandeln. Der knabenhafte Frauentyp setzte sich durch, das Haar wurde jetzt kürzer, aber meist lockig getragen. Schon damals griffen besonders fortschrittliche Frauen wie Modeschöpferin Coco Chanel zur Schere und forderten den Kurzhaarschnitt für die moderne Frau. Doch für den ganz großen Durchbruch sorgte die damals populäre dänische Schauspielerin Asta Nielsen.



Kennzeichen: Kurzer Nacken

Bei der Premiere ihres Films Hamlet am 8. Februar 1921 brach sie mehrere Tabus auf einmal: Sie produzierte den Film, spielte die männliche Hauptrolle und trug kurzes Haar - genauer gesagt einen Bubikopf! Damit bezeichnet man einen Haarschnitt, der dem der damaligen Herrenfrisur ähnlich war. Revolutionär war der kurz geschnittene Nacken.

Die neue, selbstbewusste Frau

Gemeinsam mit dem neuen Frisurentrend, setzte sich ein neues, modernes Frauenbild durch. An erster Stelle standen nicht mehr unbedingt Ehe und Familie, sondern Freiheit und Selbstständigkeit. Die Emanzipation war in vollem Gange: Frauen fuhren jetzt Auto, schminkten sich auffällig, rauchten in der Öffentlichkeit und gingen zu einem großen Teil auch einem Beruf nach.

Modisch und praktisch

Mitte der 20er Jahre waren rund 35 Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland Frauen. Sie schätzen den Bubikopf nicht nur aus modischen, sondern auch aus praktischen Gründen. Für aufwändiges Frisieren von pflegeintensivem, langem Haaren hatten sie am Morgen einfach keine Zeit mehr.



Hosen und kurze Röcke

Zum Bubikopf passend kamen auch neue Kleidungsstücke auf den Markt: Neben kurzen Röcken, kombiniert mit Seidenstrümpfen, wurden Hosen oder zumindest Hosenröcke und Hosenkleider immer beliebter. Ganz mutige Frauen trugen zum Ausgehen sogar Smoking oder Krawatte. Die Geschlechtergrenzen begannen mehr und mehr zu verwischen. Eine Entwicklung, die erst durch den Nationalsozialismus ein jähes Ende fand.

Kurze Haare als Statement

Auch in den kommenden Jahrzehnten war der Bubikopf nie ganz aus der Mode zu bringen. Trotz sich wandelnder Trend wie Pferdeschwanz in den 50ern, in die Höhe ragender Bienenkorb à la Marge Simpson in den 60ern, die Dauerwelle in den 80ern, Bobs und Ponyfrisuren von heute - kurze Haare gelten nach wie vor als Ausdruck der modernen, selbstbewussten Frau.

Emma Watson als Trendsetterin

Frauen nutzen den Kurzhaar-Look bis heute gezielt als Statement. Ob Trennung vom Freund oder Aufstieg im Beruf - kurze Haare scheinen für Selbstbewusstsein und Eigenständigkeit zu stehen. Bei Prominenten wird der Wechsel von lang auf kurz meist groß in der Klatschpresse vermeldet. Zuletzt sorgte Schauspielerin Emma Watson für Aufsehen als sie sich von ihrer Mähne zugunsten einem raspelkurzen Haarschnitt trennte.

Nic 8.2.2011 / Fotos: gemeinfrei, Foto Vorschau: LVR-Industriemuseum

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