Zu Besuch bei Augustus

In Rom wurde im März 2008 die Villa von Kaiser Augustus fürs Publikum geöffnet. Nach jahrelanger Restaurierung kann man nun die schön bemalten Räume besichtigen, in denen der Weltherrscher wohnte, als er noch Octavian hieß.

Nahe am Ursprung


Foto: Die Gründer Roms, Romulus und Remus wurden angeblich von einer Wölfin aufgezogen.

Auf dem Palatin, einem der sieben Hügel Roms befindet sich das Wohnhaus des späteren Kaisers Augustus. Der Palatin ist der Sage nach der Ursprungsort der Stadt, hier wohnten die Zwillinge Romulus und Remus in einer Höhle, bevor sie im Jahr 753 vor Christus Rom gründeten.


Ganz in der Nähe jenes sagenumwobenen Ortes haben Archäologen bereits seit den 1960er Jahren gegraben um die Reste des Wohnhauses von Kaiser Augustus freizulegen. Erstaunlich, was sie dabei fanden:


Eine hübsches Haus mit prachtvoll bemalten Wänden, das viel weniger protzig ist als man es von der Villa eines Alleinherrschers erwarten könnte. Allerdings erwarb er es bereits, als er noch nicht Kaiser war, nämlich im Jahr 36 vor Christus.



Demonstrative Bescheidenheit


Foto: Kaiser Augustus

Doch zu dieser Zeit war er schon auf dem Weg zur Macht: Nachdem sein Stiefvater Gaius Julius Caesar im März 44 v. Chr. ermordet worden war, hatte er sich mit den zwei Feldherren Antonius und Lepidus zu einem sogenannten Triumvirat (Dreimännerbund) zusammengeschlossen.

Gemeinsam bekämpften sie alle Konkurrenten, die sich ihnen in den Weg stellten. Schließlich gelang es Octavian so Augustus' bürgerlicher Name seinen Mitstreiter Lepidus abzuschütteln. Nun war er schon fast allein an der Spitze des Staates.


So war die Lage, als er das Haus auf dem Palatin kaufte. Mit diesem Wohnsitz signalisierte er seiner Umgebung: ich bin einer von euch ein Bürger. Ein geschicktes Vorgehen für jemanden, der im Laufe weniger Jahre de facto Alleinherrscher über ein Weltreich wird und dennoch den römischen Bürgern vorgaukelt, dass sie weiterhin ein politisches Mitspracherecht hätten.


Bei Kaisers zuhause




Bild: Wandgemälde in den Räumen von Livia, der Frau von Augustus.

Der römische Autor Sueton beschreibt Octavians Villa als sehr bescheiden und hebt hervor, dass sie weder Marmorstuck noch Mosaikböden besaß. Der Herrscher selbst soll mehr als 40 Jahre im Sommer wie im Winter ein und dasselbe Schlafzimmer benutzt haben.

Selbst wenn diese Darstellung etwas untertrieben ist, zeigt sie doch, wie Reiche und Mächtige im Alten Rom normalerweise lebten.


In ihren prunkvollen Stadtvillen hatten sie meist nicht nur mehrere Speisezimmer, sondern wohl auch verschiedene Schlafzimmer, die sie je nach Jahreszeit nutzten. Die in der Nähe des Innenhofes gelegenen Räumlichkeiten waren im Sommer angenehm kühl. Im Winter bewohnte man hingegen lieber geschütztere Bereiche ohne Öffnung ins Freie.


Wenn Sueton herausstreicht, dass Augustus nur ein Schlafzimmer hatte, zeigt er damit seine Genügsamkeit.

Die Illusion auf der Hauswand


Bild: Deckenfresko aus der Augustusvilla.

Sieht man Bilder aus der Augustusvilla, fallen sofort die bunt bemalten Wände auf. Auch wenn die Verzierungen nicht komplett erhalten sind und an vielen Stellen Lücken aufweisen, kann man sich doch vorstellen, wie prachtvoll sie einst ausgesehen haben mögen. Doch warum machte man sich solche Mühe mit der Wandgestaltung?


Anders als wir es heute gewöhnt sind, waren die Wohnräume damals eher spärlich möbliert. Viel mehr Wert wurde dagegen auf die Verzierung der Wände und Fußböden gelegt. Je nach Geschmack des Besitzers wurden die Wände entweder mit Ornamenten verziert oder die Räume wurden optisch vergrößert, indem man Säulen und Statuen aufmalte.

Bild: Illusionistische Wandmalerei in der Augustusvilla.

Auch Innenhöfe wirkten umfangreicher, wenn man ihre Mauern mit Bäumen und Springbrunnen bemalte. Um nicht den Neid der Mitmenschen auf sich zu ziehen, hatten die Villen der Reichen meist keine Fenster, damit man nicht in ihr Inneres sehen konnte. Statt echter Fenster gab es dann gemalte.


Haltbare Frische


Bild: Ornamentales Deckenfresko in Augustus' Wohnhaus.

Man nennt solche Wandmalereien Fresken. Dieser Name kommt von der Technik, die dafür angewendet wurde. Man brachte die Farbe direkt auf die noch nasse, frisch verputzte Wand auf. Auf italienisch hieß das al fresco also ins Frische malen.

Auf diese Weise drang die Farbe in den Putz ein und bildete mit diesem eine feste, wasserunlösliche Schicht. So konnte manche kunstvolle Wandgestaltung bis heute erhalten bleiben, wie etwa in der Augustusvilla.



Empfindliche Kostbarkeit


Bislang sind nur vier Räume von Octavians Wohnhaus zu besichtigen. In den anderen wird noch restauriert. Um die rund 2000 Jahre alten Kunstwerke zu schützen, werden Besucher jedoch nur in Gruppen zu je fünf Personen durch das Gelände geführt.

Eine kleine Besichtigungstour durchs antike Rom könnt ihr auch mit unserem Stadtführer Claudius in der WAS IST WAS Erlebniswelt machen.




Wer mehr über das Alte Rom erfahren möchte, kann sich im WAS IST WAS Band 55 Das Alte Rom schlau machen.

Text: Liane Manseicher, Fotos: Augustusvilla: ministero per i beni e le attività culturali; Romulus und Remus: PD;

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt