Wagenrennen Die Formel 1 der antiken Welt

Bereits die Menschen der Antike liebten spektakulär inszenierte sportliche Wettkämpfe. Was für uns heute Fußball oder Formel 1 ist, war in der antiken Welt bis ins Mittelalter hinein das Wagenrennen.

Sport der Helden und Könige

Seine Anfänge hat das Wagenrennen wie vieles Andere in der römischen Welt bei den Griechen. Wann das erste Wagenrennen genau stattfand, ist bis heute unklar.

Abbildung: Die Sieger antiker Spiele wurden mit Lorbeer bekränzt.

Bereits auf mykenischer Vasenmalerei sind Pferd und Wagen zu sehen und in der "Ilias" des Homer kann man von Wagenrennen zu Ehren des verstorbenen Helden Patroklos lesen.



Auch findet man in der griechischen Mythologie die Geschichte eines Rennens, aus dem angeblich die olympischen Spiele hervorgehen: Pelops, ein junger Prinz, gewinnt im Wagenrennen gegen König Oinomaos die Hand der schönen Königstochter Hippodameia. Der König selbst überlebt das Rennen nicht. Er stürzt von seinem Wagen und wird zu Tode geschleift.

  

Etrusker machten Pferdesport populär

  

Seit 680 vor Chistus ist dieser gefährliche Pferdesport nachweislich eine Disziplin der olympischen Spiele. Jedoch gewann, anders als bei den übrigen Disziplinen, nicht der Wagenlenker den Ruhm des olympischen Sieges, sondern in erster Linie der Besitzer des Gespannes. Kein Wunder also, dass besonders Könige und Tyrannen um das Ansehen eines Olympiasieges im Wagenrennen rangen.

Abbildung: Pferdehaltung war in der Antike den Reichen vorbehalten.



Außerdem waren Ausstattung, Training und Unterhalt von Pferden, Wagen, Lenkern und Knechten sehr teuer. Ein solches Hobby konnten sich daher überwiegend nur reiche Griechen leisten. Den populären Pferdesport übernahmen dann die Etrusker in Italien, von welchen ihn letztlich auch die Römer übernahmen.

Eine prächtige Kulisse

In Rom stand die wohl größte Rennbahn der antiken Welt: der Circus Maximus. Zur Kaiserzeit fasste das gewaltige steinerne Bauwerk etwa 250.000 Besucher mit seiner gewaltigen Größe von 600 Meter Länge und 140 Meter Breite.

Foto: Überreste des Circus Maximus, der antiken Vergnügungsarena.

Auch den Göttern selbst sollte dieses Vergnügen nicht vorenthalten sein. Die Götterstatuen hatten im Circus Maximus eine eigene Loge mit bestem Blick auf die Rennbahn. Die Wagenrennen waren in Rom eine öffentliche Veranstaltung, die den ganzen Tag andauerte. Unter den römischen Kaisern wurden an einem einzigen Tag 24 Rennen dargeboten. Der Eintritt zu den Wagenrennen war übrigens, wie auch zu den anderen sogenannten Spielen, frei. 

Passend dazu errichtete man im ganzen Reich Wagenrennbahnen, um den beliebten Sport auch in der Provinz erleben zu können. So erhielt auch das damalige Konstantinopel, heute Istanbul, unter den Römern ein prächtiges Hippodrom.

Von dort stammen auch die berühmten Pferdestatuen von San Marco. Die vergoldeten Pferdestatuen waren von Kaiser Konstantin im Hippodrom aufgestellt worden und kamen als Kriegsbeute der Kreuzfahrer im Jahr 1204 nach Venedig.

Die Gefahr fährt mit

In der Regel mussten sieben Runden gegen den Uhrzeigersinn absolviert werden. Die noch zu absolvierenden Runden wurden etwa mit einer Reihe von Delphinfiguren angezeigt. Für jede gefahrene Runde wurde ein Delphin nach unten gedreht. Der Startplatz eines Wagens wurde per Los entschieden.

Die Rennbahn im Circus Maximus verlief aus den nebeneinander angeordneten Startboxen über eine lange Gerade in eine scharfe Kurve und parallel zur ersten Geraden wieder zurück, wo die nächste scharfe Wendung erfolgte. Damit die Wagen auf den langen Geraden nicht zusammenprallten, wurde die Arena durch die sogenannte Spina in zwei Bahnen unterteilt.

 

Das Unfallrisiko war dennoch sehr hoch. Besonders bei den scharfen Wendungen war alles Geschick der Lenker gefragt, um nicht aus der Kurve getragen zu werden oder mit einem gegnerischen Gespann zusammenzustoßen.

Foto: Wagenrennen war ein durchaus gefährlicher und unfallträchtiger Sport.



Richtig gefährlich wurde es, wenn der Lenker aus dem Wagen geworfen wurde: Um die Pferde bei dem hohen Tempo besser lenken zu können, führten die Lenker die Zügelleinen nicht in den Händen, sondern wickelten die Lederleinen um ihren Oberkörper. Kam der Wagenlenker nicht schnell aus den Zügelleinen frei, schleiften ihn seine eigenen Pferde durch den Staub der Rennbahn.

Ben Hur, Wagenrennen im Kinoformat

Das wohl bekannteste Renngespann der Antike ist die Quadriga, die auch in dem berühmten Wagenrennszene in dem Film Ben Hur zu sehen ist. In dieser Anspannung laufen vier Pferde nebeneinander vor dem Streitwagen. Daneben gab es aber noch weitere Renngespanne, wie die Triga, den Dreispänner, oder die Biga, den Zweispänner. Auch Einspänner und berittene Pferderennen waren, wenn auch nur als Rahmenprogramm, im Circus Maximus zu sehen.

In dem Film Ben Hur sind viele Dinge aber auch frei erfunden. So fährt der Schurke Messala einen besonders hinterhältig ausgestatteten Streitwagen, dessen Räder mit langen scharfen Dornen gespickten wurden. Einen solchen Wagen hat es bei den antiken Rennen tatsächlich aber nicht gegeben. Jeder Streitwagen war leicht und wendig gebaut. Es genügte bereits eine Berührung bei hoher Geschwindigkeit um den Wagen eines Gegners oder aber auch den eigenen zu beschädigen.

Die Teams jedem seine Farbe

Wie heute in der Formel 1 gab es in Rom verschiedene Rennställe beziehungsweise Teams, die mit mehreren Gespannen in einem Rennen an den Start gingen. Es gab die Weißen, die Blauen, die Roten und die Grünen. Die Lenker trugen beim Rennen, wie heutige Teamspieler, Kleidung in ihrer Farbe.

Viele Römer waren leidenschaftliche Fans ihrer Farbe und feuerten Lenker und Pferde von den Sitzrängen mit lautem Geschrei an. Auch der Kaiser wusste um diese Fans und wenn er die Rennen besuchte maß er an ihren Reaktionen den Erfolg seiner Politik.

Text: Ann-Kathrin Biermann / Abbildungen: pd

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