Robert Koldewey und das historische Babylon

Der Architekt Robert Koldewey war einer der bedeutendsten deutschen Vertreter der vorderasiatischen Archäologie. Zusammen mit Wilhelm Dörpfeld gilt er als Begründer der modernen historischen Bauforschung. Berühmt wurde er durch die Ausgrabung des historischen Babylon.

Johannes Gustav Eduard Robert Koldewey wurde am 10. September 1855 als Sohn des Zollbeamten Hermann Koldewey und seiner Frau Doris in Blankenburg im Harz geboren. Sein Onkel, Carl Koldewey (18371908), war Polarforscher und Admiralitätsdirektor in Hamburg.

1869 zog seine Familie nach Altona. Der Ort war damals noch eine unabhängige Großstadt und gehörte noch nicht zu Hamburg. Die Eingemeindung wurde erst 1938 vollzogen. Nach einem Studium der Architektur, Archäologie und Kunstgeschichte war Robert Koldewey zunächst als Architekt tätig. Bei der Freien und Hansestadt Hamburg hatte er eine Beamtenstelle als Regierungsbauführer angenommen.

Die ersten Grabungen

1882 begleitete Koldewey den amerikanischen Ausgräber Francis Henry Bacon auf einer Forschungsreise an die nördliche Mittelmeerküste nach Assos. Durch das Wissen und die Fertigkeiten, die er sich als Mitarbeiter Bacons aneignen konnte gelang es ihm drei Jahre später, einen Auftrag des Deutschen Archäologischen Instituts zubekommen.

So führte Koldewey 1885 auf der griechischen Insel Lesbos seine erste hauptberufliche Grabung durch und erregte durch die Anwendung neuer Methoden Aufmerksamkeit. Weitere Unternehmungen folgten, unter anderem grub er auch in Mesopotamien, auf der Suche nach antiken Stätten.

Die italienischen Tempel

Mit Otto Puchstein reiste er von Januar bis Juli 1892 und von Oktober 1893 bis Januar 1894 nach Unteritalien und Sizilien, um die dortigen Tempel genauer zu erforschen und zu beschreiben.

Neben der exakten Vermessung der Bauwerke fertigte Robert Koldewey Ansichten und Schemazeichnungen dieser Tempel an, die die damalige Fachwelt sehr beeindruckten.


1894 erhielt er für seine Untersuchungen die Ehrenpromotion der Universität Freiburg.

 

Gründung der Orientgesellschaft

1898 wurde die Deutsche Orientgesellschaft in Berlin gegründet. Einer ihrer Väter war der Berliner Textilgroßhändler und Kunstliebhaber James Simon.

Da er gute Kontakte im Großbürgertum hatte, gelang es ihm innerhalb kurzer Zeit viele wohlhabende Persönlichkeiten für den Verein zu begeistern. Die Finanzierung des ersten Ausgrabungsprojektes war somit schnell gesichert.

 

Zu dieser Zeit bereiste Koldewey zusammen mit dem Orientalisten Eduard Sachau das Zweistromland, um mögliche Ausgrabungsstätten zu erkunden. Ninive schied aus, da hier bereits die Engländer tätig waren. Zunächst schien Assur ein interessanter Grabungsort zu sein, doch dann fielen Koldewey in Babylon farbige Glasurziegel auf, die er mit nach Deutschland nahm.

Die Vorlage dieser Fundstücke beeindruckte die Kommission der Museen zu Berlin sehr und gab zuletzt auch den Ausschlag für die Finanzierung des aufwändigen Unternehmens durch die Deutsche Orient-Gesellschaft, den Preußischen Staat und Kaiser Wilhelm II. Damit war Babylon als Grabungsort ausgewählt.

Auf nach Babel

Am 26. März 1899 startete die Erforschung von Babylon unter der Leitung des Architekten Robert Koldewey. Er machte dort gleich eine Reihe sensationeller Funde: Er grub die Paläste des Königs Nebukadnezar aus, stieß auf die Fundamente des Turms zu Babel, von dem das Alte Testament berichtet und fand eines der sieben Weltwunder der Antike die hängenden Gärten der Semiramis.

Weiterhin grub er die Prozessionsstraße von Babylon mit dem Ischtar-Tor aus, die bis heute im Berliner Pergamonmuseum zu besichtigen sind.

Foto: Ishtartempel aus Babylon im Pergamonmuseum

Koldeweys Ausgrabungs-Methode gilt als sehr zuverlässig. Ihm war es wichtig, nicht nur die Fundstücke sorgfältig zu sichern sondern auch deren Fundorte genauestens zu dokumentieren.

Auf diese Weise erhielt man Aufschluss über die verschiedenenen Grabungsschichten und damit über die Geschichte und Entwicklung Babylons.

Die Forschungsergebnisse veröffentlichte er 1913 in seinem Buch "Das wiedererstehende Babylon".

Was war so faszinierend an Babylon?

Gemälde: Turmbau zu Babel von Pieter Breughel 1563.

Babylon war eine der bedeutendsten Städte der Antike. Im Alten Testament der Bibel wird sie häufig erwähnt. Bereits im ersten Buch der Bibel ist vom Turmbau zu Babel die Rede. Der sagenumwobene Bau sollte bis in den Himmel reichen. Daraufhin verwirrte Gott die Sprache der Babylonier, sodass sie sich gegenseitig nicht mehr verstehen und daher den Turms nicht fertigstellen konnten. Tatsächlich gab es in Babylon zur Zeit der Entstehung des ersten Buches Mose einen Turm, der damals eines der höchsten Bauwerke der Welt war.

Foto: Keilschriftdokument auf Stein.

Eine Sprachverwirrung kann man zwar geschichtswissenschaftlich nicht nachweisen, allerdings stammt die ersten nachweisbare Schrift, die Menschen erfunden haben vom Urvolk Babylons, den Sumerern: die Keilschrift. Außerdem was Babylon wahrscheinlich die erste "Großstadt" der Welt mit über 200.000 Einwohnern. Dort entwickelte sich zudem eine der ersten Gesetzessammlungen.

Nachbau eines Zikkuarts. So könnte möglicherweise der Turm von Babel ausgesehen haben.

Eine weitere Begebenheit sorgt zusätzlich für die Faszination dieser alten Stadt im Zweistromland. Um 600 vor Christus herrschte hier König Nebukadnezar II., der Jerusalem einnahm und einen Teil der Israeliten nach Babylon ins Exil verschleppte. Auch darüber berichtet die Bibel in sehr düsteren Farben. Im Alten wie im Neuen Testament wird Babylon seit dieser Zeit als sündiger Ort dargestellt, als Sinnbild für eine gottesfeindliche Macht. Das jüdische Gottesbild entstand unter anderem durch die Abgrenzung von den Gottheiten der Babylonier.

Links

Übersicht über alle Ausgrabungsstätten der DOG.

Geschichte der DOG.

RR/LM, 5.09.10; Fotos: Robert Koldewey (1855-1925): pd; Pergamonmuseum, Ishtartor, selbst fotografiert: hahaha: cc-by-sa; Detail aus dem Ishtartor: ALE!: GFDL; Babylon heute: pd; Zikkurat: jamesdale10: cc-by-sa; Gemälde Turmbau zu Babel: 1563 Pieter Breugel: pd.

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