Willy Brandt: Der Kanzler der Entspannungspolitik

Willy Brandt wurde als Herbert Ernst Karl Frahm am 18. Dezember 1913 in Lübeck geboren. Bereits als Jugendlicher war Brandt politisch aktiv und schloss sich 1930 der SPD an. Nach dem 2. Weltkrieg kehrte Brandt aus Norwegen nach Deutschland zurück. Er war regierender Bürgermeister von Berlin und wurde 1969 zum Bundeskanzler gewählt. Für seine neue, annähernde Ostpolitik erhielt er den Friedensnobelpreis.

Schon früh politisch interessiert

Willy Brandt wurde als Herbert Ernst Karl Frahm am 18. Dezember 1913 in einfachen Verhältnissen in Lübeck geboren. Seine Mutter ist Verkäuferin, seinen Vater lernt er nie kennen. Bereits als Jugendlicher wird Brandt politisch aktiv und tritt mit 16 Jahren der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) bei, dann wechselte er 1930 zur SPD (Sozialdemokratischen Partei Deutschlands).

1931 wurde er dann Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), die sich von der SPD abgespalten hatte. Der wissbegierige junge Mann machte 1932 sein Abitur und begann eine Lehre bei einem Schiffsmakler.

Aus Herbert Ernst Karl Frahm wird Willy Brandt

Wegen seiner sozialistischen, politischen Arbeit war Herbert Ernst Karl Frahm den aufkommenden Nationalsozialisten ein Dorn im Auge. Nach der Machtergreifung durch Hitler und seine Partei 1933 emigrierte Frahm über Dänemark nach Norwegen. Aus Sicherheitsgründen nahm er nun den Decknamen Willy Brandt an, den er auch nach dem Krieg nicht mehr ablegen sollte.

Widerstand und Brandt wird Norweger

Er arbeitete in Oslo als Journalist und studierte Geschichte. Als norwegischer Student getarnt reist er nach Berlin, um der SAP im Untergrund zu helfen. Als Journalist reist er auch nach Spanien und berichtet für die Republikaner vom Bürgerkrieg. Schließlich bürgerten ihn die deutschen Behörden aus, so dass Brandt ab 1938 staatenlos war. Als Norwegen von den Deutschen besetzt wurde, kam Brandt sogar in deutsche Kriegsgefangenschaft - überlebte diese, weil er nicht erkannt wurde. 1940 nahm er schließlich die norwegische Staatsbürgerschaft an. Im selben Jahr wird seine erste Tochter geboren. Die Mutter, die Norwegerin Carlota Thorkildsen heiratet er Jahr später.

Nach dem Krieg: Wieder in Deutschland

1945 kehrte Brandt als Korrespondent einer skandinavischen Zeitung nach Deutschland zurück, wo er von den Nürnberger Prozessen berichtete. Er trat wieder Mitglied der SPD ein und ließ sich 1948 wieder einbürgern. Allerdings behielt er den Namen Willy Brandt. Er ließ sich scheiden und heiratete die Norwegerin Ruth Hansen, mit der er drei Söhne gemeinsam haben sollte: Peter, Lars und Mathias. Poltisch begann in dieser Zeit seine Karriere als Vertreter des SPD-Parteivorstands.

Berlin: Der Aufstieg des Willy Brandt

Von 1949 bis 1957 war Brandt Mitglied des Deutschen Bundestages. Von 1955 bis 1957 wurde er Präsident des Berliner Abgeordnetenhauses, 1957 Regierender Bürgermeister von Berlin. Als solcher übernahm er 1957/58 den Vorsitz des Bundesrates. Er wurde zum Berliner Landesvorsitzenden der SPD gewählt und stieg in den Bundesvorstand der SPD auf.

Willy Brandt überzeugte, vor allem auch das deutschlandkritische Ausland, gerade als Regierender Bürgermeister von Berlin, denn in seine Amtszeit fielen der Mauerbau und die Kubakrise. Zwischen den Westalliierten und den Russen kam es immer wieder zu heftigen Auseinandersetzungen, wenn es um die Zukunft des geteilten Deutschlands ging. Brandt bewies in dieser schwierigen Phase, dass er ein Demokrat war und sich konsequent um die Weiterentwicklung des demokratischen Deutschlands bemüht. Dabei suchte er aber nicht nur den Dialog mit dem Westen, sondern auch immer wieder mit den östlichen Nachbarn.

Auf dem Weg zum Kanzleramt

1961 trat Brandt bei den Bundeskanzlerwahlen als Gegenkandidat von Konrad Adenauer an und verlor. Gemeinsam mit seinem Vertrauten, dem Leiter des Berliner Presse- und Informationsamtes, Egon Bahr, arbeitete Brandt an einer neuen Ostpolitik, die weniger auf Konfrontation denn auf Gespräch beruhen sollte. Diese Politik nannte er die "Politik der kleinen Schritte" und "Wandel durch Annäherung". Als späterer Bundeskanzler sollte er dieser Politik folgen. Doch zunächst kandierte er auch 1965 erfolglos gegen den CDU-Kandidaten Ludwig Erhard, der den zurückgetretenen Bundeskanzler Adenauer beerbte.

Bei den Wahlen 1966 wurde Brandt Vizekanzler und Außenminister der Großen Koalition von CDU/CSU mit der SPD. Kanzler wurde Kurt Georg Kiesinger (CDU). Er bemühte sich um eine Normalisierung der Beziehungen zu den östlichen Nachbarn, aber auch Frankreich und Großbritannien.

Brandt als Kanzler

Bei den Bundestagswahlen 1969 schließen sich SPD und die FDP zur sozial-liberalen Koalition zusammen. Ihr Bundeskanzler: Willy Brandt. Er vertrat das Motto "Mehr Demokratie wagen" und prägte es. Trotz innenpolitischer Kritik hielt er daran fest, ein besseres Verhältnis zu den osteuropäischen Nachbarn zu schaffen. Wichtig für ihn auch die Frage der beiden deutschen Staaten. Als erster Kanzler sprach er von "zwei deutschen Staaten". Er führte Gespräche mit der DDR und der sowjetischen Führung um die Spannungen zwischen Ost und West zu verringern. Sein Ziel: "Wandel durch Annäherung". 1970 unterzeichnete er die Verträge von Moskau und Warschau, in dem es um die Anerkennung der bestehenden Grenzen und einen Nichtangriffspakt ging. Bei seinem Besuch in Warschau bewegte er mit einer Geste die Menschen, die noch heute sinnbildlich für Brandt und seine Politik steht: Stumm kniete er vor dem Ehrenmal des jüdischen Ghettos nieder und leistete so Abbitte für die Greueltaten der Deutschen.

1971 erhielt Willy Brandt für seine Bemühungen um die Entspannung in der Ostpolitik den Friedensnobelpreis. Dennoch rief diese Politik in der Bundesrepublik auch durchaus vehemente Kritik hervor. Dennoch errang die SPD bei den Bundestagswahlen 1972 die Mehrheit und Brandt blieb weiter im Amt. Als erster Bundeskanzler besuchte Brandt Israel und sprach vor den Vereinten Nationen in den USA.

Der Fall des Kanzlers

Als 1974 ein DDR-Spion, Günter Guillaume,  im Kanzleramt enttarnt wurde, trat Brandt als Bundeskanzler zurück. Er wollte nicht erpressbar sein, schließlich wusste Guillaume auch private Details aus dem Leben des Kanzlers. Doch auch innenpolitisch stand Brandt damals sehr unter Druck, denn sowohl die Ölkrise als auch die steigende Arbeitslosigkeit und ein wirtschaftlicher Abschwung konnten von ihm nicht gebremst werden.

Er blieb aber weiter politisch aktiv und war von 1976 bis 1992 Präsident der Sozialistischen Internationale. Er bemühte sich um Gespräche im Nahostkonflikt und war auch weiterhin ein gefragter und engagierter Außenpolitiker. Außerdem blieb er bis 1987 Vorsitzender der SPD. Nach innerparteilichen Querelen trat er dann von seinem Amt zurück und wurde zum Ehrenvorsitzenden der Partei gewählt. Bis 1992 blieb er Bundestagsabgeordneter.

Privat ließ er sich 1980 von seiner Frau Rut scheiden und heiratete 1983 seine langjährige, 33 Jahre jüngere Mitarbeiterin Brigitte Seebacher. Er blieb weiterhin politisch aktiv und erlebte wohl einen seiner schönsten politischen Momente als er am 10. November 1989 nach dem Fall der Mauer eine Rede vor dem Schönefelder Rathaus in Berlin hielt.

Willy Brandt starb am 8. Oktober 1992 in Unkel am Rhein.

-sw-/-ab- 18.12.2008 Text, siehe auch: Deutsches Historisches Museum Berlin

http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/BrandtWilly/index.html

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