Volksentscheid in Spanien

In politischer Sprache heißt das, dass die Bürger Spaniens in einem Referendum über die Ratifizierung der Verfassung entscheiden. Was bedeutet das genau? Und was ist die Europäische Verfassung überhaupt?

Die Mitgliedsstaaten der EU. Illulstration: WAS IST WAS-Band 113: Europa

Der "Vertrag über eine Verfassung für Europa" löst die bisherigen Regelungen über die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten ab. Bislang gab es den EG-Vertrag (Europäische Gemeinschaft) und den EU-Vertrag. Der EG-Vertrag stammt aus dem Jahr 1957 und war eine der ersten vertraglichen Vereinbarungen über die politische Zusammenarbeit in Europa. Mit dem EU-Vertrag (auch als Vertrag von Maastricht bekannt) wurde 1993 offiziell die "Europäische Union" gegründet.

EG- und EU-Vertrag waren Stufen auf dem Weg zu einer immer enger werdenden Zusammenarbeit der Völker Europas. Mit der Europäischen Verfassung soll dies nun noch besser geregelt werden. Eine Verfassung legt fest, wie ein Staat regiert und verwaltet wird.

Die Verfassung soll den anderen Völkern der Erde ein Zeichen geben, wie ernst die Zusammenarbeit der europäischen Staaten gemeint ist.

Ausgearbeitet wurde diese Verfassung vom Europäischen Konvent, einer Versammlung von Regierungsvertretern und Parlamentariern. Regierungsvertreter sind Menschen, die der momentanen Regierung eines Landes angehören, Parlamentarier sind Abgeordnete, die von den Wählern ihres Landes nach Brüssel ins EU-Parlament geschickt wurden.

Die Staats- und Regierungschefs sowie die Außenminister der EU-Länder in Rom. Foto: Wikipedia

Der ehemalige französische Staatspräsident Valéry Giscard dEstaing leitete den Konvent. Im Oktober 2004 wurde das Ergebnis der Arbeit in Rom von den Staats- und Regierungschefs sowie den Außenministern der EU-Staaten unterzeichnet. Damit haben sich die Politiker auf einen gemeinsamen Text geeinigt, den sie nun noch zu Hause in ihren jeweiligen Ländern zur Genehmigung vorlegen müssen.

Die Bürger sind der Staat

Damit dieser Vertrag auch für alle Mitgliedsstaaten der EU gilt, muss er in allen 25 Mitgliedsländern ratifiziert werden. Das Wort kommt aus dem Lateinischen und setzt sich zusammen aus "ratus"=gültig und "facere"=machen: etwas gültig machen. Ratifiziert werden müssen aber nur Verträge, die die Zusammenarbeit zwischen Staaten regeln, so genannte völkerrechtliche Verträge (wie etwa das Kyoto-Protokoll, Abrüstungsverträge oder eben die Europäische Verfassung).

Beschließt ein Staat und seine Bürger, bei so einem internationalen Vertrag mitzumachen,

dann müssen sie sich auch daran halten. Man kann sich die Ratifikation also wie die gemeinsame Unterschrift eines Volkes oder Staates unter einem Vertrag vorstellen.

In Spanien kommt die Ratifizierung durch ein Referendum zustande. Bei einem Referendum entscheidet das Volk über eine Entscheidung des nationalen Parlaments und kann sie bestätigen oder verwerfen. Das heißt, die Bevölkerung Spaniens stimmt darüber ab, ob die EU-Verfassung für Spanien gültig sein soll oder nicht.

Und in Deutschland?

Nicht in allen Staaten der EU sind Volksabstimmungen über die EU-Verfassung vorgesehen. In Deutschland genügt die Zustimmung von Bundesrat und Bundestag, das ist im Grundgesetz so festgelegt.

Nur in Verfassungen der einzelnen Bundesländer sind Volksabstimmungen vorgesehen. Auf Bundesebene regelt das Grundgesetz, dass es eine Volksabstimmung nur geben soll, wenn die Grenzen der Bundesländer geändert werden sollen.

Wenn alle 25 Mitgliedsstaaten die Verfassung ratifiziert haben, dann tritt die Verfassung frühestens zum 1. November 2006 in Kraft.

Hier findet ihr mehr Informationen:

WAS IST WAS-Artikel über die EU

Hier gibt es den "Vertrag über eine Verfassung für Europa"

Hier werden euch Begriffe aus Politik und Parlament erklärt

Text: -jj- 18.2. 2005

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