Volksaufstand in Ungarn

Die Ungarn wollten sich im Oktober 1956 von der sowjetischen Unterdrückung befreien. Mit einer Großdemonstration in Budapest begann am 23. Oktober 1956 der Ungarische Volksaufstand. Knapp zwei Wochen später endete die Bewegung blutig durch den Einmarsch der Roten Armee. Bei den Kämpfen starben über 3000 Menschen.

Als die Rote Armee Ungarn im Jahr 1945 von der Herrschaft Nazideutschlands befreite, entstand eine von den Kommunisten getragene demokratische Volksbewegung. Mit Abschluss des Friedensvertrags vom 10. Februar 1947 war Ungarn wieder ein unabhängiges Land, doch die Sowjetischen Truppen zogen trotzdem nicht ab. Durch das scheibchenweise Reduzieren des demokratischen Systems übernahmen die Kommunisten schleichend die Macht im Staat. Durch Aufdeckung angeblicher Verschwörungen kam es zu politischen Säuberungen.

Im Juni 1948 wurde die Kommunistische Partei mit der Sozialdemokratischer Partei zur Partei der Ungarischen Werktätigen vereinigt. Oppositionspolitiker wurden entmachtet und emigrierten ins westliche Ausland. Im August 1949 trat eine neue Gesetzgebung in Kraft, die der sowjetischen Verfassung von 1936 nachempfunden war.

Willkür und Justizterror

Im Jahr 1952 wird Mátyás Rákosi Ministerpräsident und legt den Ungarn eine sehr autoritäre Herrschaft auf. Alle Macht in Staat und Partei befand sich in Rákosis Hand, der sich selbst auch als den besten Schüler Stalins bezeichnete. Der Personenkult führte zu einer Atmosphäre des Terrors durch die Staatssicherheitsbehörde. Rákosi ließ Tausende Regimegegner verhaften oder umbringen. Insgesamt wurden Verfahren gegen mehr als eine Million Menschen, rund 10 % der Bevölkerung, eingeleitet. Viele Ungarn wurden ohne Anklage und Gerichtsverfahren in Lager gesteckt und mussten Zwangsarbeit verrichten.

Bald bekam das Land schwere wirtschaftliche Probleme mit massiver Verschlechterung der Produktionsverhältnisse und einer Krise der Landwirtschaft. Ungarn befand sich politisch und wirtschaftlich in völliger Abhängigkeit von der Sowjetunion. Die ungarische Wirtschaft hatte in erster Linie den Interessen der Sowjetunion zu dienen.

Reformen unter Imre Nagy

Nach dem Tod Stalins im März 1953 kam in der Sowjetunion Nikita Chruschtschow an die Macht. Die im Einflussbereich folgenden anti-stalinistischen Säuberungen trafen auch Rákosi: Im Juni 1953 wurde der frühere ungarische Landwirtschaftsminister Imre Nagy neuer Ministerpräsident. Rákosi blieb jedoch Chef der kommunistischen Partei.

Imre Nagy schlug politisch einen neuen Weg ein. Statt die Schwerindustrie weiter auszubauen, förderte er die Landwirtschaft und die Konsumgüterindustrie. Der Lebensstandard stieg. Viele Opfer von Rákosis Staatsterror wurden rehabilitiert.

Innerhalb der Partei arbeitete Rákosi gegen diese Reformpolitik. Es gelang ihm, Nagy im April 1955 abzusetzen und einige Monate später aus der Partei ausschließen zu lassen.

Studentenprotest wird zum Volksaufstand

Anfang 1956 verurteilte der sowjetische Präsident Chruschtschow die Methoden der Ära Stalin und löste damit Hoffnung im gesamten Osten aus. In Polen demonstrierten Arbeiter. Aus Sympathie zu ihnen gingen in Ungarn am 23. Oktober Studenten auf die Straße. In ihrer Erklärung, forderten sie Bürgerliche Freiheitsrechte, Parlamentarismus und nationale Unabhängigkeit sowie die Rückkehr von Imre Nagy als Regierungschef. Nagy, der die Demonstranten aufforderte, nach Hause zu gehen, wurde überraschend noch in derselben Nacht vom Zentralkomitee der Partei der Ungarischen Werktätigen zum Ministerpräsidenten berufen.

Im Laufe des Nachmittags hatten Demonstranten die monumentale Stalin-Statue gestürzt Aus den wird ein Volksaufstand. In der Nacht weiteten sich die Studentenproteste zum Volksaufstand aus. Armee und Polizei wechselten zu den Aufständischen über.

Wütende Menschenmassen stürmten die Parteiverwaltung, zum Teil herrschte Lynchjustiz. Die in Ungarn stationierten sowjetischen Truppen mussten machtlos zusehen.

Zwei Wochen der Hoffnung

In den nächsten Tagen weitete sich der Aufstand auf andere Städte aus. Arbeiter-, Revolutions- und Nationalräte wurden gegründet. Ein landesweiter Generalstreik lähmte Ungarn. Bei Feuergefechten mit dem Staatssicherheitsdienst kommen Hunderte Menschen ums Leben. Bald erschienen wieder unabhängige Zeitungen.

Nagy führte wieder ein Mehrparteiensystem ein und wollte freie Wahlen vorbereiten. Am 1. November 1956 erklärte er die Neutralität und den Austritt Ungarns aus dem Warschauer Pakt.

Ein blutiges Ende

Doch die UdSSR erlaubte keinem ihrer Satellitenstaaten auszuscheren. Zu diesem Zeitpunkt bewegten sich bereits sowjetische Truppen auf Budapest zu. Janós Kadar verhandelt mit Moskau und erklärt die Regierung Nagy für ungültig. Am 4. November griff die Sowjetarmee an. In blutigen Kämpfen schlugen sie den Aufstand nieder.

Es begann eine Massenflucht über Österreich in den Westen.  Insgesamt verließen über 200.000 Ungarn ihre Heimat. Ministerpräsident Nagy wurde zum Tode verurteilt und im Juni 1958 hingerichtet. An 350 weitere Personen wurden ebenfalls Todesurteile vollstreckt. Erst 1989, nach dem Ende der Kadar-Regierung, wurde Nagy rehabilitiert und feierlich begraben.

Text: RR, Bilder: DHM und The American Hungarian Federation, 23. 10. 2006

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