Untergang der Estonia

Am Abend des 27. Septembers 1994 verließ die Ostseefähre Estonia den Hafen von Tallinn, der Hauptstadt Estlands. Am nächsten Morgen sollte das Schiff in Schweden ankommen. Doch in der stürmischen Nacht geschah ein Unglück: Die Estonia ging unter, Hunderte Menschen starben. Warum die Fähre unterging, ist bis heute nicht genau geklärt.

Das Schiff

Die Estonia war eines der größten und modernsten Schiffe Estlands. Sie wurde 1980 von einem deutschen Unternehmen gebaut und fuhr seit 1992 als Fähre zwischen Estland und Schweden hin und her. Sie schaffte 21 Knoten, das sind fast 40 Kilometer pro Stunde. An Bord war Platz für 370 Autos und 2000 Passagiere. Es waren genügend Schwimmwesten und Rettungsboote für alle vorhanden. Die Estonia hatte neun Decks und war damit so hoch wie ein mehrstöckiges Haus. Auf dem Schiff gab es Läden, Restaurants und sogar ein Schwimmbad.

Die Unglücksnacht

Am Abend des 27. September 1994 gingen in Tallinn in Estland etwa 1000 Menschen an Bord. Wie viele es wirklich waren, weiß niemand so genau, denn es gab keine Passagierlisten. Die Überfahrt nach Stockholm dauerte etwa 15 Stunden, also die ganze Nacht. Die meisten Leute gingen in ihre Kabinen und legten sich schlafen.

Kurz vor ein Uhr nachts waren zwei oder drei laute Knall-Geräusche zu hören. Das ganze Schiff wackelte. Manche Passagiere waren bei dem Krach aufgewacht und liefen nach oben. Einige, die ihre Kabine ganz unten im Schiff hatten, kamen am Autodeck vorbei und sahen, dass dort schon alles unter Wasser stand. Nach kurzer Zeit lag die Estonia schief im Wasser.

Die Mannschaft der Estonia begriff erst zu spät, dass das Schiff untergehen würde. Deshalb wurde nicht rechtzeitig Alarm ausgelöst, der alle Menschen geweckt hätte. Nicht einmal eine Stunde nach den lauten Geräuschen versank die Estonia in der stürmischen Ostsee.

Ein Grab im Meer

Ein paar andere Fähren, die auch auf der Ostsee unterwegs waren, hörten, dass die Estonia "Mayday" funkte. Das ist der Notruf im Funkverkehr. Als sie diesen Funk-Notruf empfingen, kamen sie so schnell wie möglich zum Unglücksort. Sie konnten 137 Menschen retten. Doch das Wasser hatte nur 13 Grad und durch den Sturm gab es meterhohe Wellen. Bald wurden keine Lebenden mehr gefunden.

Von den Toten konnten nicht einmal 100 geborgen werden. Die Übrigen, also um die 750 Menschen, befinden sich noch heute in dem versunkenen Schiff. Schweden hat die Estonia zu einer Grabstätte erklärt. Deshalb ist es verboten, hinunterzutauchen. Der Untergang der Ostseefähre war das schlimmste Schiffsunglück in Europa seit dem 2. Weltkrieg.

Was könnte zu dem Untergang geführt haben?

Die Estonia hatte vorne und hinten große Klappen, durch die Autos und LKWs ein- und ausgeladen werden konnten. Wahrscheinlich war eine dieser Klappen nicht richtig befestigt. Als in der Unglücksnacht der Sturm und die hohen Wellen kamen, riss die Klappe wohl ab und es konnte Wasser einströmen. So steht es im offiziellen Untersuchungsbericht.

Es gibt jedoch Hinterbliebene und Journalisten, die an diesem Bericht zweifeln. Sie sagen, dass wichtige Beweise verschwunden sind, aus Angst, die Wahrheit käme ans Licht. Durch diese Beweise könnten bestimmte Leute angeklagt werden. Ein paar Menschen, die zunächst als gerettet galten, sollen sogar nachträglich verschwunden sein, zum Beispiel der 2. Kapitän der Fähre.

Eine andere Vermutung, warum die Estonia untergegangen ist: durch eine Explosion auf dem Autodeck. Aber es ist schwierig, nach Beweisen dafür zu suchen, weil niemand zur Estonia hinuntertauchen darf.

Die Estonia-Katastrophe im Kino

Im Oktober 2003 kam ein Film in die Kinos, in dem es um den Untergang der Fähre geht. Er heißt "Baltic Storm - Der Untergang der Estonia". Darin ist eine Journalistin Waffenschiebern auf der Spur, die zwei LKWs mit hochmodernen Waffen an Bord des Schiffes schmuggeln. Als die Estonia untergeht, versucht die Journalistin, die Hintergründe des Falles aufzuklären.

Der Film ist umstritten, weil er nicht mit der offiziellen Version des Unglücks übereinstimmt: Nicht die abgerissene Bugklappe, sondern eine Explosion ist darin der Grund für den Untergang der Fähre. Übrigens: Der Film ist ab 12.

Was hat sich seit dem Unglück verändert?

Die Staaten um die Nord- und Ostsee trafen 1996 das "Stockholmer Abkommen". Die Fähren müssen seitdem stabiler gemacht werden. Die Mannschaften werden noch besser auf den Ernstfall vorbereitet. Außerdem werden vor der Abfahrt genaue Passagierlisten angefertigt, auf dem jede Person an Bord mit Namen und Geburtsdatum aufgeführt ist. Bei Tests des ADAC schnitten die Fähren in der Nord- und Ostsee seitdem gut ab.

-ef- 28.09.04 Text / Fotos: Buchcover: "Die Estonia - Tragödie eines Schiffuntergangs", von Jutta Rabe, Delius Klasing Verlag; "geheimsache Estonia", Cay Rademacher, Nymphenburger Verlag.

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