Spanien verlässt West-Sahara

Vor 30 Jahren, am 12.1.1976, verließen die letzten spanischen Truppen das Spanisch-Sahara genannte Gebiet im Nordwesten Afrikas. Damit ging ein Kapitel europäischer Kolonialgeschichte zu Ende.

Ende des 19. Jahrhunderts war Afrika noch ein weitgehend unerschlossener Kontinent. Aber mehr und mehr wuchs das wirtschaftliche Interesse verschiedener Staaten an dem rohstoffreichen Kontinent.

Deswegen fand in Berlin 1884/1885 die so genannte Kongokonferenz statt. Bei dem Treffen von USA, Frankreich, Spanien, Deutschland, Russland und einiger weiterer, wurden Richtlinien zur Kolonisation Afrikas festgelegt.

Strategisch wichtige Wüste

Frankreich und Spanien gerieten über die Westsahara in Streit. Beide Nationen hatten großes Interesse an dem Gebiet im Nordwesten Afrikas. Sie versprachen sich von dem Küstenstaat militärische Vorteile. Außerdem lockte der Fischfang vor der Küste mit einigem Gewinn.

Schließlich annektierte Spanien zunächst den Nordteil der Westsahara. Annexion oder Annektierung bedeutet, dass sich ein Staat mehr oder minder gewalttätig ein fremdes Gebiet einverleibt. 1904 annektierte Spanien auch den Südteil. Nord- und Südteil werden zunächst getrennt verwaltet. 1958 wurden beide Gebiete zur Provinz Spanisch-Sahara vereinigt. Spanien nutzte das Gebiet besonders als Militärbasis, um die zu Spanien gehörenden kanarischen Inseln zu schützen.

Phosphat weckt Begehrlichkeiten

Mitte der 60er wurden riesige Phosphatvorkommen entdeckt. Dadurch gewann Spanisch-Sahara eine völlig neue, wirtschaftliche Bedeutung. Phosphate haben eine große Bedeutung für die Landwirtschaft und Lebensmittelherstellung. Auch in Waschmitteln kommen sie zum Einsatz.

Die großen Vorkommen versprachen also viel Geld für ihren Besitzer. Deshalb erhoben nach der Entdeckung der Phosphatvorkommen die Nachbarstaaten (auch Anrainerstaaten genannt) Marokko und Mauretanien Anspruch auf die spanische Kolonie.

In den 70ern wuchs der politische Druck auf Spanien von allen Seiten. Marokko, Mauretanien und Algerien forderten immer lauter den Abzug Spaniens. Und die Bevölkerung organisierte sich ebenfalls, besonders in der Volksbewegung "POLISARIO" (Abkürzung für: "Frente Popular para la Liberación de Saguia el Hamra y Río de Oro" = "Volksfront zur Befreiung von Saguia el Hamra und Río de Oro").

Der "Grüne Marsch"

Aus Marokko strömten im so genannten "Grünen Marsch" mehr als 250 000 unbewaffnete Menschen nach Spanisch-Sahara. Sie forderten den Abzug der Spanier. Die Menschen schlossen mit Mauretanien und Marokko ein Abkommen, das die Übergabe der Verwaltung an diese beiden Staaten vorsah.

Am 26. Februar 1976 war es schließlich so weit: Spanien zog sich aus der West-Sahara zurück. Marokko und Mauretanien gerieten über die Aufteilung des Gebiets sogleich in Streit. Nach militärischen Auseinandersetzungen einigte man sich schließlich auf einen neuen Grenzverlauf.

Die Flagge der "Demokratischen Arabischen Republik Sahara". Bis heute verhindert Marokko eine Volksabstimmung der Einwohner des Gebiets.

Verzögerungstaktik Marokkos

Doch mit dem Abzug der Spanier rief die Volksbewegung POLISARIO die "Demokratische Arabische Republik Sahara" aus. Das war der Beginn eines langen und blutigen Krieges zwischen marokkanischen und mauretanischen Truppen auf der einen, und Soldaten der POLISARIO auf der anderen Seite.

1991 kam es auf Vermittlung der UNO zu einem Waffenstillstand. Die Bevölkerung sollte in einer Volksabstimmung selbst über den zukünftigen Status ihres Gebiets entscheiden. Bis heute wird diese Volksabstimmung durch Marokko verzögert, weil es befürchtet, das wirtschaftlich bedeutsame Gebiet zu verlieren.

Übrigens:

Sahara ist ein Wort der Tuareg. Das sind Wüstennomaden. Sahara bedeutet schlicht und einfach Sand oder Wüste. Der größte Teil der Sahara ist übrigens keine Sand- sondern eine Fels- und Geröllwüste.

Auf arabisch heißt die Sahara "Bahr bela ma" = "Meer ohne Wasser".

Text: -jj- 12.1.2006//Illustrationen: Flagge Kookaburra/GFDL; Karte: CIA World Factbook/Pit/PD; Foto Sahara: Jgremillot/GFDL

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