Ruth Pfau - im Einsatz für die Ärmsten der Armen

Sie lebt in Pakistan und engagiert sich seit fast 50 Jahren für die Ärmsten der Armen: Ruth Pfau, Nonne und Ärztin mit den Spezialgebieten Lepra, Tuberkulose, Frauen- und Augenheilkunde. Am 9. September 2004 feierte die gebürtige Leipzigerin, die fern der Heimat das Ansehen einer neuen Mutter Theresa genießt, ihren 75. Geburtstag.

Das Schlüsselerlebnis für Ruth Pfau ist der Tod ihres kleinen Bruders kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie kann ihm nicht helfen, es gibt kein Geld, keine Medikamente. Die junge Frau beschließt, die Hilfe für andere Menschen zu ihrem Lebensinhalt zu machen. Sie flieht nach Marburg, in den Westteil Deutschlands, und studiert Medizin. In ihrer Assistentinnenzeit tritt sie dem Orden der Töchter vom Herzen Mariä bei.

Die Aussätzigen von Karachi

1960 bricht Ruth Pfau zu ihrer ersten Auslandsreise auf. Ihr Auftrag: Hilfsmaßnahmen in Indien. Als sie bei einem Zwischenstopp in Karachi die Slums besichtigt, sieht sie das Elend der vielen leprakranken Menschen. Sie werden von ihrer Umwelt wie Aussatz behandelt, verfaulen von innen und scheinen auf den sicheren Tod zu warten. Ruth Pfau ist entsetzt von der Hoffnungslosigkeit der Menschen. Sie bleibt und beschließt die Lepra in die Knie zu zwingen.

Was ist Lepra?

Lepra gehört zu den ältesten Infektionskrankheiten der Menschheitsgeschichte und ist bereits seit dem 2. Jahrhundert v. Chr. bekannt. In Deutschland wird dafür auch der Begriff Aussatz verwendet. Er beschreibt die soziale Behandlung der Kranken, ihre Isolation von der Gesellschaft.

Von der Außenwelt isoliert

Im Mittelalter legte die Kirche strenge Verhaltensregeln für den Umgang mit Leprakranken fest. Sie bekamen ein spezielles Kapuzenkleid, Handschuhe und eine Klapper, um auf sich aufmerksam zu machen. Denn das Ansprechen von Gesunden war ihnen untersagt. Leprahäuser lagen meistens außerhalb der Städte, dafür aber an verkehrsreichen Straßen, um den Aussätzigen wenigstens das Betteln zu ermöglichen.

Woran leiden die Betroffenen?

Das Tückische an Lepra ist, dass die Betroffenen selten sterben, sondern zunehmend verkrüppeln und entstellt werden. Der Erreger greift Haut, Schleimzellen und Nervenzellen an, führt bei Unbehandelten zur Erblindung und schränkt den Tastsinn ein. Das führt dazu, dass sich Erkrankte häufig verbrennen und verletzen, ein Teufelskreis.

Heilung möglich

In Europa haben die Ärzte Lepra inzwischen im Griff. Die Krankheit kann mit einer Kombination mehrere Antibiotika gut behandelt und geheilt werden. Doch auch abgesehen vom medizinischen Fortschritt ist die Krankheit im 16. Jahrhundert bis auf einige wenige isolierte Orte fast ausgestorben. Die beiden letzten Leprakliniken auf unserem Kontinent befinden sich in Spanien und in Rumänien, doch dort leben nur noch einige wenige alte, gebrechliche Menschen.

Über 1 Million Kranke weltweit

Sehr häufig kommt die Infektionskrankheit dagegen in armen Entwicklungsländern vor. Weltweit leiden 1,2 Millionen an Lepra und jährlich kommen rund 700.000 Neuerkrankungen dazu. Trotz über 100 Jahren Forschung ist der genaue Ansteckungsweg bis heute nicht bekannt. Schlechte Ernährung, unsauberes Wasser und beengte Wohnräume scheinen aber die Übertragungshäufigkeit zu begünstigen.

Ruth Pfau im Einsatz

Ruth Pfau ist es in über 40 Jahren gelungen, unzählige Menschen von der Lepra zu heilen. Anfangs noch in einer Bretterhütte angesiedelt, zog die Leprastation bald ins Zentrum Karachis um. Dort ist inzwischen ein modernes Krankenhaus entstanden, in dem über 300 Mitarbeiter dazu beitragen, Lepra, aber auch Tuberkulose und Augenkrankheiten zu bekämpfen. Darüber hinaus kümmern sich Ruth Pfau und ihr Team um Gesundheitserziehung, Vorsorgeuntersuchungen und die soziale Eingliederung Geheilter.

Gesundheitsberaterin der Regierung

Die Ärztin und Nonne aus Deutschland wurde in ihrem Leben mit Auszeichnungen geradezu überhäuft. Erst kürzlich bekam sich den asiatischen Friedensnobelpreis verliehen, in Deutschland die renommierte Albert-Schweitzer-Medaille. In Pakistan ist Ruth Pfaus Rat sogar von Politikern geschätzt: Sie steht der Regierung als Gesundheitsberaterin zur Verfügung. Für die Zukunft hat die 75jährige ebenfalls gesorgt. Die Ruth-Pfau-Stiftung wird ihr Lebenswerk in Pakistan und Afghanistan weiter fortsetzen.

Nic 08.09.2004 / Foto: Ruth-Pfau-Stiftung

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