Mutter Teresa

Am 17. Oktober 1979 gab das Nobelpreiskommittee bekannt, dass die Ordensschwester Mutter Teresa den Friedensnobelpreis bekommt. Die katholische Nonne war Gründerin des Ordens "Missionarinnen der Nächstenliebe" und wirkte in den Slums von Kalkutta.

Mutter Teresa wurde am 26. August 1910 unter dem Namen Agnes Gonxhe Bojaxhiu in Skopje, der heutigen Hauptstadt Mazedoniens, geboren. Damals gehörte die Stadt noch zum Osmanischen Reich. Sie wuchs in einer katholischen Familie auf und wurde von ihren Eltern sehr religiös erzogen. Bereits als Zwölfjährige entschied sie sich dafür, ein Leben als Nonne zu führen.

Nonne mit 18

im Alter von 18 Jahren bat sie um die Aufnahme in den Orden der Loretoschwestern. Dieser irische Zweig der Englischen Fräulein engagierte sich besonders stark in Indien, um armen Kindern zu Bildung zu verhelfen. Nach einem kurzen Aufenthalt in Irland reiste Agnes nach Bengalen. 1930 legte sie dort ihr erstes Gelübde ab. Mutter Teresa war ihr Ordensname. Sie arbeitete 17 Jahre in der St. Mary's School in Kalkutta. Erst war sie Lehrerin, später Direktorin.

Hilfe für die Ärmsten der Armen

Aus ihren Tagebüchern lässt sich herauslesen, dass Mutter Teresa eine von tiefen Zweifeln erfasste Christin war. Der Anblick der ständigen Armut in Kalkutta ließ sie an der Existenz Gottes zweifeln. Diese Unsicherheit ließ sie auch am Sinn ihrer Tätigkeit und Aufrichtigkeit, an der Bedeutung kirchlicher Rituale bzw. Sakramente (wie Gebet, Messe und Beichte) und an ihrem Verhältnis zu den Mitmenschen zweifeln. Trotzdem verspürte sie 1946 während einer ihrer vielen Fahrten durch die Stadt Kalkutta die "göttliche Berufung", den Armen zu helfen. In ihrem Tagebuch schildert sie dieses Erlebnis als mystische Begegnung mit Jesus, der sie dazu aufgefordert habe, alles aufzugeben und ihm in die Slums zu folgen - um ihm in den Ärmsten der Armen zu dienen.

Es dauerte noch zwei Jahre, bis sie für diesen Zweck den Orden verlassen durfte, ohne ihren religiösen Stand als Ordensschwester aufgeben zu müssen. Von da an lebte sie unter den Ärmsten der Armen in den Slums von Kalkutta.

Die Heilige der Gosse

Mutter Teresa wirkte zunächst als Einzelperson, bis sich ihr einige ihrer früheren Schülerinnen anschlossen. Ein Artikel in der Zeitschrift Life brachte ihr den Beinamen Saint of the Gutters ("Heilige der Gosse") ein.

1948 nahm sie die indische Staatsbürgerschaft an und gründete zwei Jahre später den Orden "Missionarinnen der Nächstenliebe". Die  Mitglieder verpflichten sich zu Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam. Später wurde der Orden vom Papst anerkannt und von der katholischen Kirche kontrolliert. Den Schwerpunkt der Arbeit legte der Orden auf die Betreuung von Sterbenden, Waisen und Kranken.

Hilfe für die Aussätzigen

Mutter Teresas Orden kümmerte sich besonders um die Leprakranken. Lepra ist eine seit der Antike bekannte Infektionskrankheit. Wer angesteckt wurde, galt als Aussätzig und wurde von der Gesellschaft gemieden und ausgestoßen. Obwohl Lepra inzwischen in Ländern mit entwickelter Gesundheitsversorgung nahezu ausgerottet ist, stellt sie in Indien auch heute noch ein Problem dar.

Auf die oftmals mangelnde medizinische Ausbildung ihrer Mitarbeiter pflegte Mutter Teresa zu entgegnen: Nicht der Erfolg, sondern die Treue im Glauben ist wichtig." Auf ihre eigenen Zweifel an diesem Glauben ging sie dabei nicht ein.

Viele Auszeichnungen

Für ihr Wirken erhielt Mutter Theresa zahlreiche Preise. Die bedeutendsten waren der Balzan-Preis für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern 1978 und der Friedensnobelpreis 1979. 1985 überreichte ihr der damalige US-Präsident Ronald Reagan persönlich die Freiheitsmedaille.

Kritik und Zweifel

Die Arbeit der Ordenschwestern um Mutter Theresa wurde nicht nur gelobt, sondern auch kritisiert. So soll Patienten durch die Behandlung der Nonnen womöglich geschadet worden sein, z. B. durch Verwendung nicht sterilisierter, mehrfach verwendeter Spritzen. Oft war das Haus so überfüllt, dass die Patienten auf primitiven Feldbetten in großer Zahl auf engstem Raum untergebracht wurden. Auch die Nahrungsversorgung soll nicht immer im nötigen Umfang gewährleistet worden sein.

Die Not nährte Mutter Teresas Zweifel. In ihrem Tagebuch schrieb sie: In meinem Innern ist es eiskalt oder Die Seelen ziehen mich nicht mehr an - der Himmel bedeutet nichts mehr - für mich schaut er wie ein leerer Platz aus."

Tod und Seligsprechung

Am 5. September 1997 starb Mutter Teresa und wurde in Kalkutta in dem Kloster, das sie selbst gegründet hatte, beerdigt. Am 19. Oktober 2003 wurde sie von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Es war die schnellste Seligsprechung der Neuzeit. Die in Mutter Teresas Tagebüchern geäußerten Zweifel an der Existenz Gottes stellen für die Kirchenoberen kein Hindernis für eine mögliche Heiligsprechung dar, da Glaubensschwierigkeiten bei vielen Heiligen auftauchen.

Text: RR, Stand 12. 10. 2009, Fotos: Túrelio (Mutter Teresa 1986 in Bonn) cc by sa 2.0, US Government (Mutter Teresa mit Nancy und Ronald Reagan)

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