Die längste Jugendherberge der Welt steht auf Rügen

Mit 4,5 Kilometern Länge ist Prora auf der Insel Rügen das größte Gebäude der Bundesrepublik. Mit Anspielung auf eines der sieben Weltwunder wird es auch Koloss von Prora genannt. Jetzt wurde ein Teil des gigantischen Komplexes für viel Geld zur Jugendherberge umgebaut.


Der Landkreis Rügen hat das geschichtsträchtige Gebäude, das die Nationalsozialisten als riesige Ferienanlage erdacht worden war, vom BUND erworben und für über 16 Millionen Euro saniert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Moderne Zimmer für bis zu 400 Gäste sind vorhanden in der größten Jugendherberge Mecklenburg-Vorpommerns. Die Betreiber möchten sie zur internationalen Begegnungsstätte für junge Leute aus der ganzen Welt machen.

 Direkt am Strand

Direkt hinter den Dünen gelegen, sind es nur wenige Meter zum wunderschönen Sandstrand. Auf den ersten Blick eine Idylle mit zahlreichen Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten in unmittelbarer Nähe. Dabei hat Prora eine recht wechselvolle Geschichte hinter sich und stand nicht immer mit Erholung und Vergnügung in Zusammenhang.


Nazis planten Ferienanlage der Superlative

Ursprünglich geplant wurde das Seebad von der nationalsozialistischen Gemeinschaft Kraft durch Freude. Das war eine politische Organisation mit der Aufgabe, die Freizeit der deutschen Bevölkerung zu gestalten und zu überwachen. Das Modell für die Anlage bekam bei der Weltausstellung in Paris sogar den Hauptpreis.

Urlaub für jedermann

Das war insofern kein Wunder, weil sich Architekten und Städteplaner damals für eindrucksvolle Großbauten begeisterten. Bis zu 20.000 Feriengäste sollten  gleichzeitig in Prora Urlaub machen können. Dazu musst Du wissen, dass es der arbeitenden Bevölkerung erst seit den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts überhaupt vergönnt war, Urlaub zu machen. Das nutzten die Nazis schamlos für ihre Propaganda aus. So wie der VW das Auto des Volkes war, das sich jeder leisten konnte, so sollte Prora das Zentrum des deutschen Seebäder-Tourismus für jedermann werden.

Zimmer mit Aussicht

Die Planung sah acht jeweils 550 Meter lange, sechsgeschossige, völlig gleichartige Häuserblocks mit insgesamt 10.000 Gästezimmern vor. Durch diese Bauweise wollte man erreichen, dass alle Zimmer Meerblick hatten. Für die Unterhaltung waren  ein Kino, Wellenbäder, mehrere Restaurants und eine riesige Festhalle geplant. Passend zum totalitären Regime sollte auch das Freizeitleben in der Gemeinschaft vollzogen werden.

Gigantische Kosten

Die Kosten für das Projekt waren für die damalige Zeit gigantisch. Auf umgerechnet 800 Millionen bis 1 Milliarde Euro bezifferten sich die vorgesehenen Ausgaben. Umso erstaunlicher, dass sich Adolf Hitler kein einziges Mal auf der Großbaustelle blicken ließ. Bis 1939 schafften die Bautrupps noch einen Großteil des Rohbaus fertig zu stellen. Mit Beginn der Kriegshandlungen im September 1939 ließen Hitlers Architekten aber sämtliche Bauarbeiten abbrechen.

Militärische Nutzung

Während Prora im Krieg als Lazarett und Flüchtlingslager diente, ging es ab 1949 in die Hände der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR über und wurde zum militärischen Sperrgebiet. Betreten strengstens verboten! Hinter verschlossenen Türen baute die DDR die größte Militätkaserne des Landes auf. Bis zu 15.000 Soldaten waren hier teilweise gleichzeitig stationiert.

Erst seit 1993 ist die Anlage wieder öffentlich zugänglich. Nach der Wende war die weitere Nutzung völlig unklar. Die Blocks begannen zu verfallen, weil niemand Geld in die unfertigen Gebäude stecken wollte.

Prora und die Zukunft

Erst seit 2004 geht es aufwärts, weil endlich Investoren gefunden wurden. Für die Zukunft sind neben der Jugendherberge weitere Wohnungen und Hotels geplant. Ein großer Hochseilgarten wurde bereits gebaut. Ein Dokumentationszentrum zeigt eine Sonderausstellung über das Prora der NS-Zeit.

Wenn ihr mehr über den geschichtsträchtigen Ort Prora erfahren möchtet, schaut doch mal auf die Website DenkMALProra

 

Nic 5.9.2011 / akt. 20.07.2ß21 Fotos Koloss von Prora : pd, Strandkorb: GNU-Lizenz für freie Dokumentation  Daniel Schwen, Strand: Corradox