Die Attentate von London

London erlebt ein Wechselbad der Gefühle. Vorgestern jubelte man über die Wahl zur Olympiastadt 2012, gestern der Schock über die Terroranschläge. Mitten im Berufsverkehr, gegen 9 Uhr, explodierten Bomben in einem Doppeldeckerbus im Zentrum von London und in drei vielbefahrenen U-Bahn-Linien. Erinnerungen an die Anschläge 2004 in Madrid werden wach.

Die U-Bahn-Station King´s Cross im Herzen Londons wird evakuiert. Weil die Menschen in London Erfahrung mit Terroranschlägen durch die IRA haben, wissen sie, wie sie sich verhalten müssen und geraten nicht in Panik. Foto: John Howard unter der CC-Lizenz

Was ist passiert?

Nacheinander explodierten im Berufsverkehr Bomben in drei vielbefahrenen U-Bahn-Stationen und in einem Doppeldeckerbus im Zentrum der Stadt. Die Londoner Verkehrsbetriebe sorgten für die Evakuierung der meisten U-Bahn-Stationen und legten zunächst alle U-Bahnen und Buslinien still.

Evakuierung der U-Bahn-Station King´s Cross. Foto: John Howard unter der CC-Lizenz

Gegen Mittag marschierte die Armee in London ein, um Polizei und Rettungskräfte zu unterstützen und um für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Tony Blair, der sich zum Zeitpunkt der Anschläge in Edinburgh beim G8-Gipfel (Link am Ende des Artikels) befand, eilte sofort nach Hause. Bislang sind 49 Todesopfer und gut 700 zum Teil Schwerverletzte bestätigt.

Wieso wurde London zum Anschlagsziel?

Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist England ein enger Verbündeter der USA im Irakkrieg. Schon seit Beginn des Krieges gibt es immer wieder Warnungen von Terroristen an die Verbündeten der USA, verbunden mit der Aufforderung, sich aus dem Irak zurückzuziehen.

Die Polizei riegelt den Russell Square ab. Foto: FrancisTyers/Wikipedia unter der GDFL

Außerdem waren die meisten Sicherheitskräfte Englands damit beschäftigt, die Tagung der G8 in Edinburgh zu schützen, so dass London zwar nicht völlig ungeschützt war, aber eben auch nicht die volle Aufmerksamkeit von Polizei und Geheimdiensten hatte. Die Terroristen nutzten auch den psychologischen Faktor, dass London am Tag zuvor noch völlig entspannt die Wahl zur Olympiastadt 2012 gefeiert hatte.

Wer steckt hinter den Anschlägen?

Im Internet hat sich die bislang unbekannte "Geheime Gruppe von Al-Kaidas Dschihad in Europa" zu den Anschlägen bekannt. Sie sagen, dass die Anschläge die Rache für britische Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak seien. Gedroht wird auch Dänemark und Italien, die noch Soldaten im Irak stehen haben.

Es tauchten noch Bekennerschreiben anderer Gruppen auf anderen Seiten im Internet auf. Offiziell weiß man also nicht, wer die Täter sind. Nach Ansicht von Politikern scheint aber sicher zu sein, dass Islamisten hinter den Anschlägen stecken.

Ein Polizeikordon riegelt den Zugang zum Russell Square ab. Viele Straßen Londons, darunter der komplette Finanzdistrikt, wird abgeriegelt. Foto: FrancisTyers/Wikipedia unter der GDFL

Müssen wir auch in Deutschland Angst vor Attentaten haben?

Deutschland ist bislang von Anschlägen verschont geblieben. Auch, weil keine deutschen Soldaten im Irak stehen. So lange sich Deutschland nicht an direkten Kampfhandlungen in islamischen Ländern beteiligt, dürfte es hier relativ sicher sein, ausschließen kann man einen Anschlag aber nicht. Besonders zur WM 2006 werden wohl große Sicherheitsanstrengungen unternommen werden.

Was kann gegen Attentate getan werden?

Wenige Stunden nach den Anschlägen riefen die ersten Politiker nach schärferen Gesetzen. Besonders die Telefonüberwachung und der Austausch von Daten zwischen Polizei und Geheimdiensten soll verbessert werden. Dadurch soll es Terroristen im Vorfeld von Anschlägen erschwert werden, sich zu organisieren. Aber wer wirklich zu einem Anschlag entschlossen ist, wird immer einen Weg finden.

Ob Kameras und mehr Überwachungen nützen, ist die Frage. London ist eine Stadt, in der es sehr viele Kameras gibt. Man muss abwarten, ob wenigstens im nachhinein dadurch Hinweise auf Täter gefunden werden können. Denn verhindern können Kameras und Überwachung des öffentlichen Raums solche Anschläge offenbar nicht.

Text: -jj- 8.7.2005; aktualisiert: 10.07.05

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