Der Terror-Herbst 1977

Mit der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) am 5. 9. 1977 begann der schlimmste Herbst in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Geisel wurde ermordet, die Köpfe der RAF begingen Selbstmord.

Mindestens 30 Tote gehen auf das Konto der RAF - allein im "Deutschen Herbst" 1977 starben Generalbundesanwalt Siegfried Buback, Bankier Jürgen Ponto, Schleyer und der Kapitän der von palästinensischen Sympathisanten gekidnappten Lufthansa-Maschine "Landshut", Jürgen Schumann.

Die Anfänge der RAF

Die Anfänge des Terrorismus in der Bundesrepublik Deutschland reichen bis in die Zeit der Studentenunruhen 1968/69 zurück. Am 2. April 1968 wurden in Frankfurt am Main zwei Kaufhäuser in Brand gesteckt. Die Polizei nahm unter anderem die Studentin Gudrun Ensslin und ihren Freund Andreas Baader fest. Ensslin wollte damit gegen die Gleichgültigkeit protestieren, mit der die Menschen in der Bundesrepublik den Krieg in Vietnam hinnehmen.

Im Mai 1970 befreite die Journalistin Ulrike Meinhof den Kaufhausbrandstifter Andreas Baader aus der Haft. Im Untergrund bauten die drei im gleichen Jahr die Rote Armee Fraktion (RAF) auf. Von Juni-August 1970 absolvierten sie dazu eine Militärausbildung in einem Palästinenser-Camp in Jordanien. Bei ihrem Kampf gegen das "imperialistische Herrschaftssystem" der Bundesrepublik nahm die RAF ganz bewusst Gewalt gegen Menschen in Kauf.

Nach Anschlägen und einer bundesweiten Fahndung wurde im Juni 1972: die erste RAF- Generation: festgenommen (Baader, Meinhoff, Jan-Carl Raspe, Holger Meins und Gudrun Ensslin). Der Schriftsteller Heinrich Böll nannte die Taten der Links-Terroristen einen Kampf von "sechs gegen 60 Millionen".

Der Stammheim-Prozess

Auch in der Haftt blieb die RAF nicht untätig. Gudrun Ensslin entwickelte ein ,,Info-System" mit dem die Gefangenen in Kontakt bleiben konnten. Damit wurden unter anderem Hungerstreiks organisiert. Nach fast zwei Monaten Hungerstreik, am 9. November 1974 starb Holger Meins. Noch am selben Tag kam es in der gesamten Bundesrepublik zu Protestdemonstrationen.

In Vorbereitung des Prozesses hatte der Staat extra für dieses Verfahren zahlreiche Gesetze geändert. So konnte die Verhandlung auch in Abwesenheit der Angeklagten weitergeführt werden, die Anwälte wurden teilweise während der Gespräche mit ihren Mandanten abgehört, was vor allem den späteren Bundesinnenminister Otto Schily empörte, der damals Gudrun Ensslins Verteidiger war.

In der extra für den Prozeß neu errichteteten Mehrzweckhalle in Stammheim begann am 21. Mai 1975 der Prozess gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe. Zwölf Millionen Mark hatte die Halle neben der Justizvollzugsanstalt gekostet.

Als das Urteil schließlich am 28.April 1977 - nach 192 Verhandlungstagen - gesprochen wurde, saßen auf der Anklagebank nur noch drei Personen. Ulrike Meinhof, die Ex-Journalistin, hatte sich im Mai 1976 in ihrer Zelle das Leben genommen. Raspe, Baader und Ensslin wurden zu lebenslänglichen Freiheitsstrafen verurteilt.

1977: Deutschland im Herbst

Seinen Höhepunkt erreichte der Terror zwischen April und Oktober 1977: Die RAF existierte nicht nur hinter Gefängnismauern. Nach der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und des Bankiers Jürgen Ponto schlug die linksextremistische Rote Armee Fraktion am 5.September 1977 erneut zu: In Köln entführte ein RAF-Kommando den Präsidenten der Arbeitgeberverbände, Hanns-Martin Schleyer. Die Terroristen wollten die inhaftierten RAF-Mitglieder freipressen. Bundeskanzler Helmut Schmidt blieb jedoch unnachgiebig.

Am 13. Oktober entführten arabische Terroristen die "Landshut" mit 91 Menschen an Bord nach Mogadischu. Dort warfen die Terroristen die Leiche des erschossenen Flugzeugführers aus der Lufthansa-Maschine. Vier Tage später wurde die Maschine von der GSG-9, einer Spezialeinheit der Bundesgrenzschutzes gestürmt, tötete drei der Entführer und befreite die Geiseln. Baader, Ensslin und Raspe begingen daraufhin Selbstmord in ihren Zellen. Am 19. Oktober wurde im Elsaß Schleyers Leiche gefunden.

Weitere Terrorakte

Im November 1982 nahm die Polizei die Führungsriege der zweiten RAF-Generation mit Christian Klar, Brigitte Mohnhaupt und Adelheid Schulz fest. Aber auch nach dieser Verhaftung verübte die Rote Armee Fraktion weitere Attentate bis zu ihrer Selbstauflösung 1998. Unter anderen starben der Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts (1986), der Chefbeamte des Auswärtigen Amtes, Gerold von Braunmühl (1986), der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Siegfried Herrhausen (1989) und Treuhandchef Detlev Karsten Rohwedder (1991).

Hier findest du mehr Informationen über die Rote-Armee-Fraktion - leider nur in englischer Sprache.

Hier gibt es viele Informationen über die Rote-Armee-Fraktion auch in deutscher Sprache.

Mehr über die deutsche Geschichte erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 126 Deutschland. 

Text: Roland Rosenbauer 2. 9. 2002, Bilder: Bundeskriminalamt Wiesbaden

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt