1957 - Tunesien wird Republik

Vor 50 Jahren wurde Tunesien unabhängig. Das ehemals französische Protektorat Tunesien hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, als erstes islamisches Land führte es das Frauenwahlrecht ein. Doch das beliebte Urlaubsland wird von Menschenrechtsorganisationen kritisiert, weil Demokratie und Meinungsfreiheit nicht gewahrt sind.

Tunesien hat eine lange Geschichte hinter sich. Etwa 1100 v.Chr. kolonisierte das seefahrende Mittelmeervolk der Phönizier das von nomadisch lebenden Berbern bewohnte Gebiet des heutigen Tunesiens. Die Phönizier gründeten 814 v.Chr. Karthago, das sich zu einem wichtigen Handelszentrum entwickelte.


Nach der Zerstörung Karthagos durch Rom am Ende des dritten punischen Krieges von 149-146 v.Chr. wurde Tunesien als Provinz Africa Teil des römischen Imperiums und wichtiger Lieferant Roms für Getreide.


Der Islam übernimmt Vorherrschaft


Die Völkerwanderung machte Tunesien bis 534 n.Chr. zum Gebiet der Vandalen, die zunächst den Truppen Ostroms weichen mussten. Mitte des 6. Jahrhunderts an eroberten die Araber Tunesien. Die immer noch in Tunesien beheimateten Berber wurden unterdrückt, der Islam und die arabische Sprache breiteten sich aus.



Die Sidi-Oqba-Moschee von Kairouan, die älteste Moschee Tunesiens



Korsaren und Osmanen eine unheilige Allianz


Verschiedene islamische Glaubensrichtungen wechselten sich in der Herrschaft über Tunesien ab. Schließlich zeigten sich auch die Spanier sehr an Tunesien interessiert und kämpften jahrzehntelang mit den Osmanen um die Herrschaft. 1574 stabilisierten die Osmanen mit Hilfe der verbündeten Korsaren ihren Einfluss. Korsaren waren mit den Osmanen verbündete Piraten, die hauptsächlich an der nordafrikanischen Küste auf Beutezug gingen. Ihre Bezeichnung hat nichts mit der Insel Korsika zu tun, sondern kommt vom lateinischen cursus=Beutezug.


Protektorat Tunesien


Schließlich öffnete man sich immer mehr europäischem Einfluss. Dadurch ging auch die Seeräuberei zurück und die Staatseinnahmen sanken. Das verstärkte die Abhängigkeit, insbesondere von Frankreich. 1881 wurde Tunesien zum Protektorat erklärt. Anders als eine Kolonie ist ein Protektorat zum Teil souverän. Nur die internationale Vertretung nach außen, also durch Diplomaten, und die Verteidigung werden von der Schutzmacht übernommen.



Heute ist Tunesien ein beliebtes Urlaubsziel

Unabhängigkeit von Frankreich


1920 gründete die einheimische Führungsschicht die Destour-Partei. Sie hatte sich die Unabhängigkeit von Frankreich zum Ziel gesetzt. 1934 spaltete sich eine kompromisslose Gruppe ab und gründete die Neo-Destour-Partei. Im Zweiten Weltkrieg wurde Tunesien zum Schauplatz erbitterter Kämpfe. Nach dem Krieg spitzte sich die innenpolitische Lage zu: Es kam zu Streiks und blutigen Unruhen.


In einem mehrere Jahre währenden Prozess erlangte Tunesien 1956 zunächst seine Unabhängigkeit von Frankreich. Es galt aber noch das alte politische System der Monarchie. 1957 jedoch wurde der König vom lange Zeit inhaftierten Führer der Neo-Destour-Partei, Habib Bourgiba, abgesetzt Tunesien war Republik.


Der erste Präsident, Habib Bourgiba, führte bei der Staatsgründung das Frauenwahlrecht ein als erstes islamisches Land. Zudem setzte er eine strikte Trennung von Staat und Religion durch. Die Scharia, das archaische islamische Rechtssystem, wurde nicht zur Grundlage des tunesischen Rechts gemacht. Er übernahm im Gegenteil viele Elemente aus der französischen Verwaltung.



Tunesien und die Menschenrechte


Heute steht Tunesien in der Kritik vieler Menschenrechtsorganisationen, weil Kritiker und politische Häftlinge über Jahre in Isolationshaft gehalten und kritische Journalisten einfach einsperrt werden. Es besteht aber ein Abkommen mit der EU, das voraussetzt, dass ab 2008 elementare Grundrechte für die Bevölkerung gesichert sind.


Text: -jj- 24.7.2008 // Bilder: Moschee: Douya/cc-by-sa 2.5; Strand: Häsk/GFDL; Karte GFDL

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