100 Jahre Peking-Paris

Vor 100 Jahren startete ein Rennen in Peking, das bis nach Paris führte. Als das Automobil gerade erfunden worden war, war das ein Riesenabenteuer. Der Weg war das Ziel, denn als Preis winkte nur eine Magnumflasche Champagner. Wie die Teilnehmer dieses Rennen um die halbe Welt durchstanden, erfahrt ihr hier ...

Am 31. Januar 1907 erschien in der französischen Zeitung Le Matin folgende Anzeige: Was heute noch bewiesen werden muss, ist, dass ein Mann, solange er im Besitz eines Autos ist, alles tun und sich überall hinbegeben kann. Gibt es jemanden, der diesen Sommer eine Fahrt per Automobil von Peking nach Paris unternehmen wird?


Wettstreit unter Gentlemen


Daraufhin meldeten sich 40 Teilnehmer. Doch nur fünf Teams schafften es, ihr Fahrzeug per Schiff nach Peking zu transportieren. Wegen des winzigen Teilnehmerfeldes wurde das Rennen offiziell abgesagt. Doch die bereits angereisten Fahrer starteten dennoch. Am 10. Juni um acht Uhr morgens starteten die Fahrzeuge und verließen Peking Richtung Westen.


Keine Straßen keine Karten


Regeln gab es keine und auch keine Streckenposten. Der einzige Offizielle war der Starter, der nach erfolgtem Start wieder nach Hause fuhr. Die Teilnehmer hatten ein so genanntes Gentlemen's Agreement, sich bei Notfällen gegenseitig zu helfen und fair zu sein.



Prinz Borghese mit seinem Itala wird in schwierigem Gelände gezogen.

Die Teams begaben sich auf eine rund 16000 Kilometer lange Reise ins Ungewisse. Es gab keine Vorausteams, die die Strecke vorbereitet hätten, und für viele der zu durchquerenden Länder gab es auch keine zuverlässigen Karten meist gab es auch gar keine befestigten Straßen, die man hätte einzeichnen können. Die Fahrer orientierten sich an Telegrafenmasten und mit Hilfe des Kompasses. Sie markierten die Position der Sonne auf ihren Armen um sicherzustellen, dass sie auch immer nach Westen fuhren.


Tankservice per Kamel


Die Fahrer kannten die Länder, durch die das Rennen führte, nicht - die Fahrt war für die Teilnehmer also ein echtes Wagnis. In den meisten der durchreisten Länder waren motorisierte Fortbewegungsmittel damals noch völlig unbekannt. Die Strecke zwischen Peking und dem Baikalsee etwa war erst kurz vor dem Rennen mit dem Pferd bereist worden.


Um die Fahrzeuge unterwegs mit Treibstoff versorgen zu können, wurden von Peking aus Benzinfässer mit Hilfe von Kamelen an Stationen längs der Strecke gebracht. Dort gab es auch Fernschreiber, so dass aus erster Hand vom Renngeschehen berichtet werden konnte. In jedem Fahrzeug war auch ein Journalist, der ebenfalls per Telegraph berichtete.



Eine Brücke, die eher für Pferde als für Autos gedacht war, hielt dem Gewicht des Italas von Prinz Borghese nicht stand.



Mit 90 Sachen durch die Wüste Gobi


Auch wenn die Distanzfahrt zunächst nicht als Rennen gedacht war, kam schnell Konkurrenz unter den Teilnehmern auf. Der führende und spätere Sieger, der Italiener Prinz Scipione Borghese, war sich seiner Sache so sicher, dass er sogar von Moskau mehr als 1500 Kilometer nach St. Petersburg und zurück fuhr, um dort an einem Dinner teilzunehmen, dass für ihn und sein Team gegeben wurde. Nach einer durchgefeierten Nach kehrte er nach Moskau zurück und beendete das Rennen als erster, obwohl er zwischendurch durch Brücken stürzte, in Flüssen abgetrieben wurde und mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Immerhin erreichte er in der Wüste Gobi eine Durchschnittsgeschwindigkeit von etwa 90 km/h.


Prinz Scipione Borghese und sein Mitstreiter, Ettore Guizzardi, erreichten am 10. August 1907 Paris. Sie fuhren mit einem Itala 35 mit 45 PS und knapp 7,5 Litern Hubraum. Die Sieger wurden von vielen Fotografen, Journalisten und einer jubelnden Menschenmenge erwartet. Der Itala ist heute noch im Turiner Automuseum zu besichtigen.


Knapp dem Tod entronnen



Ein so genanntes CycleCar, mit dem sich ein Team auf den Weg von Peking nach Paris machte.

Die zweitplatzierten, der Niederländer Charles Goddard und Jean du Taillis, kamen erst am 30. August in Paris an. Goddard musste sich seine komplette Ausrüstung und das Auto, einen Spyker, leihen, da er selbst nicht genug finanzielle Mittel hatte. Die anderen Teilnehmer hatten teils massive Schwierigkeiten auf der Strecke: Matsch, Treibsand und für Autos ungeeignete Brücken bereiteten große Probleme. Einige Teilnehmer konstruierten mobile Brücken, um kleine Gräben überwinden zu können.


Das Team von Contal Rad überlebte das Abenteuer nur mit Glück: Nachdem sie in der Wüste Gobi steckengeblieben waren, wurden sie von Nomaden halbtot gefunden. Noch heute soll das Auto in der Wüste Gobi stecken. Das Abenteuer Peking-Paris wurde vom Journalisten Barzini 1908 im Buch Peking to Paris mit vielen Bildern verewigt.


Wenn dich Geschichte und Funktionsweise von Autos interessiert, dann wirf doch auch mal einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 53: Das Auto


Text: -jj- 3.7.2007 // Bilder: Karte GFDL, Rest PD

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